Literaturverein Duisburg Zwischen Manifest und Episode

Duisburg · Der Verein für Literatur hat von September bis Februar viel zu bieten. Unter den Gästen in der Zentralbibliothek sind Suzanne von Borsody, die „Frida Kahlo“ liest, und Christian Brückner mit dem „Manifest der kommunistischen Partei“.

 Christian Brückner liest anlässlich des 200. Geburtstages von Karl Marx.

Christian Brückner liest anlässlich des 200. Geburtstages von Karl Marx.

Foto: Literaturverein

Mit 160 Mitgliedern ist der Verein für Literatur in Duisburg zahlenmäßig zwar nicht so groß, wie er es verdient hätte, aber seine Programme sind immer wieder höchst attraktiv. Rund 1600 Besucher wurden im vergangenen Jahr bei seinen Veranstaltungen gezählt, mehr hätten auch gar nicht kommen können, da der Veranstaltungssaal in der Zentralbibliothek maximal 150 Besucher fasst. Ein Ausweichen auf andere Veranstaltungssäle ist nur bedingt möglich, auch legt der Verein Wert darauf, dass die Verbindung zur Duisburger Stadtbibliothek bewahrt bleibt. Für Bibliotheksdirektor Jan-Pieter Barbian ist das kommende Literaturprogramm übrigens das 20., das er als Geschäftsführer des Vereins verantwortet. Bei der Vorstellung des neuen Programms wies der Erste Vorsitzende des Vereins, Thomas Diederichs, Chef der Volksbank in Duisburg, darauf hin, dass Barbian seine Arbeit für den Literaturverein ehrenamtlich leistet.

Um so bemerkenswerter ist das auch diesmal wieder überaus facettenreiche neue Programm des Vereins, das Gerd Herholz am 6. September, eröffnet. Herholz, der als Leiter des Literaturbüros Ruhr jahrelang als engagierter Literaturvermittler gearbeitet hat, kommt jetzt, wenige Monate nach seiner Pensionierung, selber als Autor zu Wort. Er wird seine eigenen Texte - Lyrik und Prosa - lesen, die sich mit der „Stadt Montan“ beschäftigen. Sein musikalischer Begleiter an dem Abend ist der Klarinettist Eckard Koltermann, der häufig literarische Veranstaltungen mit improvisierten Klängen akzentuiert.

„Texte aus dem Kohlerevier“ liest am 21. September der Schauspieler Felix Vörtler. Der Abend bietet eine Auswahl aus 100 Jahren Bergbau-Literatur. Der Eintritt dazu ist frei, weil die Veranstaltung von der RAG-Stiftung gesponsert wird.

Zum 200. Geburtstag von Karl Marx liest der in Duisburg stets gern gesehene und gehörte Schauspieler und Rezitator Christian Brückner aus dem „Manifest der kommunistischen Partei“ von 1848, ein kurzer Text mit gewaltiger Wirkmacht.

Auf großes Interesse wird gewiss der Abend mit Gretchen Dutschke am 10. Oktober stoßen. Die Witwe von Rudi Dutschke wird an dem Abend ihr Buch „1968. Worauf wir stolz sein können“ im Gespräch mit Jürgen Bacia, Gründer und Leiter des Archiv für alternatives Schrifttum in Duisburg, vorstellen. Gretchen Dutschkes Buch über das Jahr 1968, über das jetzt viele mit dem Abstand von 50 Jahre mit mehr oder weniger klugen Worten sprechen, sei persönlich, kritisch und authentisch, sagt Barbian.

Der renommierte Duisburger Historiker, Literaturwissenschaftler und Publizist Ludger Heid, unternimmt am 29. Oktober einen „virtuellen Gang durch die jüdische Altstadt Duisburgs“. Unmittelbarer Anlass für seinen Vortrag ist, dass im Foyer des Stadtfensters, wo auch die Zentralbibliothek zu finden ist, eine Erinnerungstafel an die alte Jüdische Gemeinde angebracht wird.

Lütfiye Güzel, 1972 in Duisburg geboren, veröffentlicht all ihre Texte unter ihrem eigenen Label „Go-Güzel-Publishing“. Zehn, zum Teil ungewöhnlich formatierte Bände hat sie veröffentlicht. Nun folgt der elfte. Er trägt den Titel „Nix Meer“; als Gattungsbezeichnung wählt die Autorin, die mit dem Fakir-Baykurt-Kulturpreis und dem Literaturpreis Ruhr ausgezeichnet wurde, den Begriff „Episode“. Am 8. November kann man diese „Episode“ erleben.

„Istanbul Istanbul“ ist der Doppeltitel des aktuellen Romans von Burhan Sömnez (Jahrgang 1965), einem mehrfach preisgekrönten Autors, der es als Mitglied des türkischen Menschenrechtsvereins in seiner Heimat nicht leicht hat. Die Übersetzerin Sabine Adatepe stellt den Roman am 22. November vor.

Mit Volker Kutscher kommt am
5. Dezember einer der zurzeit erfolgreichsten Autoren von anspruchsvollen Kriminalromanen in die Zentralbibliothek. Er stellt seinen jüngsten Roman „Marlow“ vor, der im Jahr 1935 spielt. Kutscher schrieb auch die Vorlage für die internationale Fernsehproduktion „Babylon Berlin“.

Zwei Schauspielerinnen beenden die Saison des Literaturvereins, bevor die Akzente literarisch eigene Akzente setzen: Am 2. Februar liest die international bekannte Schauspielerin Suzanne von Borsody Texte der mexikanischen Malerin Frida Kahlo. Und am 14. Februar präsentiert Anja Bilabel, deren vorzügliche Hesse- und Heine-Programme viele noch in guter Erinnerung haben werden, eine Hommage an Christian Morgenstern. Der Abend ist überschrieben mit: „Nur wer sich wandelt, bleibt mit mir verwandt.“

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