Gerhard Losemann Duisburger Künstler mit Corona-Solidarität

Duisburg · Vor 60 Jahren war Gerhard Losemann Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung. Im Zuge dieser alten Verbundenheit erfährt er nun als Alt-Stipendiat erneut Unterstützung für ein aktuelles Werk.

 Künstler Gerhard Losemann mit seiner Ehefrau Rita Ehrig und dem Tischmodell zur Plastik „Individuum/Gemeinschaft/Solidarität“.

Künstler Gerhard Losemann mit seiner Ehefrau Rita Ehrig und dem Tischmodell zur Plastik „Individuum/Gemeinschaft/Solidarität“.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

In seinem Künstlerleben hat Gerhard Losemann, Nestor der Duisburger Künstlerschaft, schon viele Werke geschaffen, ausgestellt und verkauft. Doch die aktuelle Arbeit, um die es hier geht, ist etwas ganz Besonderes. Sie hat mit den frühen Anfängen von Losemanns langer Karriere zu tun, obwohl sie eine künstlerische Antwort auf die gegenwärtige akute Pandemie-Zeit ist.

Wir blenden 61 Jahre zurück. Damals war Gerhard Losemann ein junger Mann von 22 Jahren, der einigen Menschen durch sein künstlerisches Talent aufgefallen war. Die Techniken hatte sich der gelernte Technische Zeichner in Abendkursen, weitgehend jedoch autodidaktisch beigebracht. Der Duisburger Politiker und DGB-Mann Günter Schluckebier riet Losemann, sich für ein Stipendium im Studienfach Bildende Kunst/ Malerei und Grafik bei der Hans-Böckler-Stiftung zu bewerben. Losemann reichte – wie viele andere auch – einige Arbeiten ein, die eine Auswahlkommission überzeugte. Heute sagt er: „Ohne dieses Stipendium wäre es für mich nicht möglich gewesen, von 1960 bis 1963 ein Kunststudium zu absolvieren; das hätte ohne die finanzielle Unterstützung nicht geklappt. Ich hätte wohl niemals ohne dieses Stipendium von meiner Kunst leben können.“

Man kann sich vor diesem Hintergrund vorstellen, wie bewegt Losemann war, als er jetzt von der Hans-Böckler-Stiftung aufgefordert wurde, als „ehemaliger Stipendiat“ ein Werk zu schaffen und vorzustellen, das einen Bezug zur gegenwärtigen Pandemie hat. Eine solche Arbeit reichte Losemann bei der Stiftung ein. Wie vor mehr als 60 Jahren, als er sich für ein Stipendium bewarb, war er gespannt auf die Antwort der Jury. Der Druck war beim Warten zwar nicht so groß wie 1960, aber gefreut hat sich Losemann natürlich schon, als er jetzt die Nachricht bekam, dass er zu den zwölf Künstlern gehört, deren Werke für die digitale „Galerie 5“ der Hans-Böckler-Stiftung ausgewählt wurden. Im neuen Jahresprogramm „Studien- und Promotionsförderung“ der Stiftung findet man alle zwölf Künstlerinnen und Künstler mit Kurzbiografien und den gekürten Werken. Als Anerkennung und Aufwandsentschädigung bekam jeder 850 Euro von der Stiftung.

In der Gruppe der zwölf Künstler, allesamt Alt-Stipendiaten der Hans-Böckler-Stiftung, ist Losemann mit Abstand der älteste. Die anderen Alumni sind im Durchschnitt 40 Jahre jünger. Das ist aber unter künstlerischen Gesichtspunkten unerheblich, da Losemann mit seiner abstrakten, aber dennoch gefühlsmäßig ansprechenden Arbeit überzeugt. Der Duisburger zeigt den Entwurf und das Modell zu einer Plastik, die er „Individuum/Gemeinschaft/Solidarität“ nennt. In der 200-Seiten starken aktuellen Jahresprogramm-Broschüre wird das Werk so beschrieben: „Die dreißig zylindrischen Metallstäbe, eingeschlossen von einem hölzernen Ring, stehen ganz in der formsprachlichen Tradition von Losemanns plastischen Rauminterventionen: Wie in vielen seiner Skulpturen symbolisieren sie individuelle menschliche Schicksale, müssen diesmal jedoch ganz ohne Berührungen auskommen. Gehalten werden sie von einem Ring aus Holz, organisch wie unser gemeinschaftliches Leben selbst.“

Bislang kann die Plastik ihre Wirkung nur als kleines Tischobjekt entfalten, gedacht ist sie aber auch als große Plastik im öffentlichen Raum. Dann würde sie einen Durchmesser von sieben und eine Höhe von sechs Metern haben. Konkrete Realisierungspläne hat Losemann noch nicht, allerdings habe er seinen Entwurf auch noch nicht bei möglichen Auftraggebern bekannt gemacht.

Abgesehen von dieser Auszeichnung geht es Losemann wie den anderen Künstlern, die zu spüren bekommen, dass die für sie wichtige Infrastruktur (Ausstellungen, Galerien) weitgehend stillgelegt ist. Das betrifft auch die Nachlass-Galerie DU-Art, die Losemann zusammen mit seiner Frau Rita Ehrig am Dellplatz betreibt. Dort wurden die Arbeiten der in den vergangenen zwei Jahren verstorbenen Künstler Jochen Duckwitz, Kurt Rehm und Horst Mölleken zwar schon gehängt, doch muss das Publikum noch bis zum Ende des Lockdowns warten, bevor eine Besichtigung möglich ist.

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