Ausstellung im Duisburger Kunstverein Ansichten vom Leben in der DDR
Duisburg · Die renommierte Fotokünstlerin Anja Bohnhof stellt unter dem Titel „Fremdesland“ im Kunstverein Weidenweg 10 aus. Die Schau wurde mit Blick auf den Mauerfall vor 30 Jahren von der Malerin Jannine Koch konzipiert.
Vor gut einem Jahr konnte man die grandiosen Fotoarbeiten von Anja Bohnhof im Kunstraum von Manhardt Barthelmie (Mercatorhaus an der Königstraße 61) zum ersten Mal in Duisburg besichtigen. Dort zeigte die 1974 in Hagen geborene und nun in Dortmund lebende Künstlerin und Dozentin eine Serie von Fotografien aus Indien. Nun stellt Anja Bohnhof unter dem Titel „Fremdesland“ mehrere Fotoserien im Duisburger Kunstverein am Weidenweg 10 aus, die sich auf unterschiedliche Weise mit der DDR auseinandersetzen. Anlass für die schon vor vielen Monaten geplante Ausstellung ist der Mauerfall, der sich im November zum 30. Mal jährt.
Mit künstlerischen Mitteln behandelt Anja Bohnhof ein Kapitel jüngerer ostdeutscher Geschichte. Die Fotoserien tragen Titel, wie sie auch vor Kapiteln in einem kritischen Geschichtsbuch stehen könnten. Etwa die Fotografien, die scheinbar harmlose Wiesen und Brachen zeigen. Worum es da geht, wird in einem Text erklärt: Nahezu während der gesamten Dauer des DDR-Regimes kam es im Zuge von Grenzsicherungsmaßnahmen zu Zwangsumsiedlungen. Bis Mitte der achtziger Jahre wurden einige seit Jahrhunderten bestehende Dörfer entlang der Demarkationslinie „geschleift“, ihre Bewohner vertrieben. Anja Bohnhof hat diese Orte nach aufwendiger Recherchearbeit gefunden und fotografiert. Die einzelnen Fotografien unterlegte sie mit Texten aus dem in der DDR populären „Magazin für Haus und Wohnung“, die in diesem Zusammenhang wie zynische Kommentare anmuten; etwa, wenn die schützende Funktion einer Mauer erklärt wird. „Innere Angelegenheit“ ist der Titel einer ebenfalls brisanten Foto-Serie, bei der Anja Bohnhof einige ehemalige Stasi-Gefängnisse aufgesucht hat, die nun Gedenkstätten sind. „Zu den Akten“ ist die Überschrift zu einer parallelen Fotoserie, bei der die menschenleeren Archive in kühlen Aufnahmen ins Bild gesetzt werden.
In die Struktur der Plattenbauten führt ein anderes Fotoprojekt, bei der die leeren Räume, die den Wohn- und Küchenbereich markieren, seriell in den Blick genommen werden. Diese Plattenbauten, über die sich viele „Westler“ morkieren, waren in der DDR übrigens höchst begehrte Wohnorte, da dort ein Komfort (warmes Wasser, Heizung, Bad und WC innerhalb der eigenen vier Wände) geboten wurde, der sonst nicht Standard war. Jannine Koch, die 1981 in Cottbus geboren wurde und in Leipzig studierte, bevor sie 2012 nach Duisburg kam, kuratiert die Ausstellung. Für sie sind die Aufnahmen eine Reise in ihre Kindheit, wobei die Aufnahmen aus den DDR-Museen, die das Alltagsleben inmitten von einfachen Möbeln, Elite-Kofferradio und Honecker-Bild an der Wand zeigen, besonders hautnah wirken. Hilfreich ist auch hier wieder die Erklärung der Fotokünstlerin, die sich mit der Geschichtsforschung verbündet: Gebrauchsgegenstände aus dem alltäglichen Leben wanderten nach der Wende in vielen ostdeutschen Haushalten auf den Sperrmüll, verbunden mit dem Wunsch nach einem anderen und besseren Leben. Ein gutes Jahrzehnt später dienen diese Dinge der Illustration des Alltags in der DDR in eigens dafür geschaffenen Museen. In diesen Museen fand Anja Bohnhof auch ihre Motive.
Die Ausstellung wird im Beisein der Künstlerin am Freitag, 8. März, 19 Uhr, eröffnet. Für Samstag, 9. März, 15 Uhr, lädt Kuratorin Jannine Koch zu einer Sonderführung ein. Am Samstag, 16. März, gibt es um 15 Uhr eine weitere Führung, an die sich gegen 16 Uhr ein Vortrag von Dr. Frank Hoffmann, Historiker und Geschäftsführer des Instituts für Deutschlandforschung an der Uni Bochum, anschließt. Hoffmann spricht über die Erinnerungsorte der SED-Diktatur. Am Samstag, 23. März, 11 Uhr, wird zu einem öffentlichen Dialog zwischen Anja Bohnhof und der engagierten Kuratorin Jannine Koch eingeladen.