Verdi-Oper „Falstaff“ wieder auf dem Spielplan Läuterung eines dicken Angebers

Duisburg · Die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg nahm in ihrem hiesigen Haus ihre Produktion von Verdis letzter Oper „Falstaff“ wieder auf. Die zehn Solisten sind eine Wucht.

 Von links: Sergio Vitale (Falstaff), Torben Jürgens (Pistola) und Cornel Frey (Bardolfo) in „Falstaff“.

Von links: Sergio Vitale (Falstaff), Torben Jürgens (Pistola) und Cornel Frey (Bardolfo) in „Falstaff“.

Foto: Jochen Quast

Sir John Falstaff ist ein Genussmensch. Er liebt den Wein, das gute Essen und auch die Ladies - vorausgesetzt, dass ihre Ehegatten vermögend sind. Um an deren Geld heranzukommen, versendet er auch schon mal Liebesbriefe in doppelter Ausführung mit gleichem Wortlaut. Das löst eine Lawine von Entrüstung und Racheobsessionen aus, die letztlich zur Folge haben, dass nicht nur der alte Ritter, sondern auch die Bürger des Städtchens Windsor gehörig verspottet und bestraft werden. Giuseppe Verdi komponierte seine letzte Oper, die dann 1893 an der Mailänder Scala uraufgeführt wurde, auf ein gemeinsam erarbeitetes Libretto von Arrigo Boito, der selbst auch Komponist war, nach William Shakespeares „A Most Pleasant and Excellent Conceited Comedy of Sir John Falstaff and the Merry Wives of Windsor“ („Die lustigen Weiber von Windsor“) und „King Henry IV“ („König Heinrich IV.“, beide 1597). Diese Musik ist sehr lebhaft und abwechslungsreich, sogar übertrieben bildhaft. Zum Beispiel hört man immer dann, wenn von den „Hörnern“ die Rede ist, die einem betrogenen Ehemann aufgesetzt werden, im Orchester vor allem die Hörner.

Das Ganze ist ein vitales, abgeklärtes und ironisches Meisterwerk, es spiegelt die Quintessenz von Verdis umfangreichem Opernschaffen. Er zitiert sich darin auch mehrfach selbst, zum Beispiel erinnert die Vertonung der Textstelle „Povera donna!“ (Die arme Frau!“) deutlich an „La traviata“. Das Stück hat keine instrumentale Ouvertüre, die Musik springt direkt in die erste Szene, die Verdi wiederum in der Sonatenform einer Ouvertüre komponierte.

Diese Produktion kam 1995 in Düsseldorf heraus und wurde ein Jahr später nach Duisburg übernommen, war hier aber viele Jahre lang nicht zu erleben. Die Inszenierung von Altmeister Michael Hampe ist sehr werktreu und im besten Sinne witzig. So wie Shakespeares Ritter schon um 1400 von gestern war, sind es bei Hampe Falstaffs Pluderhosen aus dem 16. Jahrhundert im Zeitalter der Industrialisierung, also in der Entstehungszeit dieser Oper. Das Bühnenbild von John Gunter spielt auf Shakespeares Globe-Theater an und ist durch viel den Klang reflektierendes Holz sehr sängerfreundlich.

Die zehn Solisten sind eine Wucht, allen voran der Gast-Star Sergio Vitale in der Titelpartie, umwerfend wendig und deutlich, dabei jederzeit zutiefst menschlich. Unbedingt erwähnt werden müssen Sylvia Hamvasi als emanzipierte Alice Ford (laut Verdi ist das die eigentliche Hauptfigur der Oper) sowie Ibrahim Yesilay und Heidi Elisabeth Meier als das romantische Liebespaar Fenton und Nannetta, außerdem der von Gerhard Michalski einstudierte Chor der Rheinoper. David Crescenzi, „Guest Conductor in Residence“ der Rheinoper, dirigiert die komplexe Partitur punktgenau und gestaltungssicher, die Duisburger Philharmoniker klingen durchsichtig und duftig.

Die fast dreistündige, aber kurzweilige Vorstellung muss man also erlebt haben. Gelegenheit dazu gibt es in dieser Spielzeit noch am 28. Februar, 19. März und 3. April, jeweils um 19.30 Uhr. Karten gibt es am einfachsten im Internet unter karten@theater-duisburg.de.

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