Evangelisches Klinikum Duisburg-Nord Erste Wach-OP bei Patientin mit Hirntumor

Duisburg · Am Evangelischen Krankenhaus Duisburg-Nord werden neue Wege beschritten. So wurde jetzt ein Eingriff vorgenommen, der sonst nur an großen Uni-Kliniken gemacht wird. Dabei wird die Patientin kurzzeitig währen der laufenden Operation aus der Narkose aufgeweckt. Warum das wichtig sein kann.

Während der Operation wird die Patientin kurzzeitig für Sprachtests aus der Narkose aufgeweckt.

Während der Operation wird die Patientin kurzzeitig für Sprachtests aus der Narkose aufgeweckt.

Foto: EVKLN

Es klingt beinahe wie ein Szenario aus einem eher schlechten Film – ist aber ein Meilenstein in der Klinik für Neurochirurgie am Evangelischen Krankenhaus Duisburg-Nord: Ein Team um den Leitenden Oberarzt Dr. Rashad El-Habony hat erstmals bei der operativen Behandlung einer Patientin mit einem Hirntumor eine Wachoperation durchgeführt.

Bei dieser Operationstechnik, die üblicherweise nur an großen Universitätskliniken zum Einsatz kommt, werden die Patienten während des Eingriffs zur Überprüfung wichtiger Hirnfunktionen wie der Sprache und der motorischen Funktion mehrmals kurz aus der Narkose aufgeweckt.

Wachoperationen machen sich eine erstaunliche Eigenschaft des menschlichen Gehirns zunutze: Obwohl Schmerzen in anderen Körperregionen zentral im Gehirn verarbeitet werden, verfügt das Organ selber über keine Schmerzrezeptoren. Berührungen oder Eingriffe am Gehirn verursachen also bei den Patienten keinerlei Schmerzempfinden.

Am Evangelischen Krankenhaus Duisburg-Nord wurde die Technik jetzt erstmals bei einer Kraniotomie, also einer chirurgischen Eröffnung der Schädeldecke, bei einer 84-jährigen Patientin mit einem Hirntumor durchgeführt. Dabei erfolgte das Öffnen des Schädels zunächst in Vollnarkose. Während der anschließenden Entfernung des Tumors war es dann für die Chirurgen von größter Wichtigkeit, andere Hirnareale wie zum Beispiel das Sprachzentrum genau einzugrenzen, um diese von der Tumormasse unterscheiden zu können. Dazu wurde die Patientin während der Operation zum Beispiel für kurze Sprachtests, die im Vorfeld mit ihr eingeübt worden waren, aus der Narkose aufgeweckt. „Diese Methode ist bei Tumoren sinnvoll, die in der Nähe des Sprachzentrums oder der motorischen Hirnrinde gelegen sind.“, erklärt Dr. El-Habony. „In diesen Fällen liefert die Wachoperation sehr präzise Auskünfte darüber, welches Hirngewebe ohne Folgen entfernt werden kann, und welches erhalten werden muss. Einen besseren Weg zu einer kompletten Tumorentfernung gibt es nicht.“

Professor Dr. Michael Zimmermann, Chefarzt der Klinik für Neurochirurgie am Evangelischen Krankenhaus Duisburg-Nord, ergänzt: „Die Wachoperation ist auch nicht für alle Patienten geeignet. Patientin oder Patient müssen eine stabile Psyche haben und bereit sein, aktiv mitzuarbeiten. Sie sind sozusagen die wichtigsten Helfer des Chirurgen während des Eingriffs. Das kann man nicht jedem Patienten zumuten.“

Bei der Premiere am Evangelischen Krankenhaus Duisburg-Nord hat sich die Wachoperation als voller Erfolg erwiesen: Der Hirntumor der 84-jährigen Patientin wurde vollständig entfernt, wenige Tage später konnte die alte Dame die Klinik verlassen. „Sie ist sogar zu Fuß nach Hause gegangen.“, stellt Dr. Rashad El-Habony freudig fest.

(RP)
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