Liederabend in der Mercatorhalle Ruhige Träume, traurige Stimmen
Duisburg · Liederabend in der nur zur Hälfte ausverkaufen Mercatorhalle mit der Sopranistin Anna Lucia Richter aus Köln, die mit ihrer Stimme überzeugen konnte.
Die Idee, Werke und vor allem Lieder von dem vor 125 Jahren gestorbenen Johannes Brahms und dem vor 225 Jahren geborenen Franz Schubert an einem Abend aufzuführen, liegt offenbar allzu nahe, so dass dies selten gemacht wird. Schubert schuf die Gattung des deutschen romantischen Kunstlieds, mit mehr als 600 Beiträgen, und Brahms setzte diese Tradition fort, mit immerhin fast halb so vielen Exemplaren.
Das Programm jetzt im Kammerkonzert hieß „Dämmerstunden“ und rief Bilder vom silbernen Mond und von spiegelnden Wellen hervor. Doch führte der Einbruch von Abend und Nacht in den Liedern nicht nur zu schönen Serenaden und ruhigen Träumen: Geheimnisvolle Stimmungen wurden beschrieben, Gedanken an die Liebste oder den Liebsten mitgeteilt, aber auch traurige Stimmen ließen sich hören. Der Mond vermochte an die eigene Heimatlosigkeit zu erinnern, und im extremsten Fall fand sich der Ausdruck einer ausweglosen Unruhe.
Es begann mit Brahms, nämlich sechs jener 49 deutschen Volkslieder, die er kunstvoll als WoO (= Werk ohne Opuszahl) 33 arrangiert hatte und fünf ausgesprochenen Kunstliedern (wobei „Von ewiger Liebe“ op. 43 Nr. 1 wiederum auf ein wendisches Volkslied in der Übersetzung von Hoffmann von Fallersleben zurückgeht). Darunter waren bekannte Nummern wie „Schwesterlein“, „Da drunten im Tale“, „Mainacht“ op. 43 Nr. 2 und „Feldeinsamkeit“ op. 86 Nr. 2.
Schubert war dann nach der Pause mit zweimal fünf Liedern vertreten, darunter die frühe Goethe-Vertonung „Gretchen am Spinnrade“ D 118, wo in der Klavierbegleitung das Summen des Spinnrades zum Ausdruck der inneren Unruhe des Mädchens wird, und das gleichfalls beliebte „Auf dem Wasser zu singen“ D 774, dessen Klavierbegleitung das sanfte Rauschen des Wassers malt. Es gab dabei auch Entdeckungen wie das kaum bekannte, aber großartige „Erlafsee“ D 586.
Die noch junge, aber bereits weltweit erfolgreiche Kölner Sängerin Anna Lucia Richter hat erst vor zwei Jahren den Fachwechsel von Sopran zum etwas tieferen Mezzosopran gewagt. Was wir hier hörten, gab ihr Recht, denn ihre nach wie vor klare und leichte Stimme hat nun noch anrührendere Register dazu gewonnen und bewegt sich noch müheloser. Ihrer ebenso erzählenden wie wohlklingenden Singweise könnte man stundenlang zuhören.
Der Pianist Ammiel Bushakewitz wurde in Israel als Kind deutscher und litauischer Eltern geboren, war der letzte Privatschüler von Dietrich Fischer-Dieskau und gilt inzwischen als einer der führenden Liedbegleiter seiner Generation. Er streute zwischen die Liedblöcke je ein kleines Klavierstück der beiden Komponisten ein, bei Brahms war es das späte Intermezzo A-Dur op. 118 Nr. 2 und bei Schubert der bis ins 20. Jahrhundert nur durch Vortrag im Familienkreis überlieferte „Kupelwieser-Walzer“ D Anh. I, 14.
Bei diesen Soli zeigte er noch mehr als bei den Begleitungen, dass er ebenso wie Anna Lucia Richter auf lebhafte Gestaltung setzt, ohne jemals zu übertreiben. Für die Begeisterung des Publikums gab es noch je eine Zugabe von den beiden Meistern, nämlich von Brahms „Vergebliches Ständchen“ op. 84 Nr. 4 (witzig) und von Schubert „Im Abendrot“ D 799 (besonders besinnlich).
Bei diesem Liederabend war die Philharmonie Mercatorhalle leider nur zur Hälfte besucht. Das wird beim nächsten, achten Kammerkonzert am Sonntag, 22. Mai, um 19 Uhr, sicher anders. Denn dort tritt das beliebte SIGNUM Saxophone Quartet ein letztes Mal als Duisburgs „Artists in Residence“ (Gastkünstler) auf. Gemeinsam mit der in Duisburg gleichfalls bestens bekannten Cellistin Tanja Tetzlaff bringen sie dann Werke von Johann Sebastian Bach, Alberto Ginastera, Heitor Villa-Lobos und Astor Piazzolla. Karten und weitere Infos gibt es am einfachsten im Netz unter karten@theater-duisburg.de oder telefonisch unter Tel. 0203 283 62 100.