Eingestellte Strafverfahren An wen Richter und Staatsanwälte Geld spenden lassen

Duisburg · Wenn in Deutschland Strafverfahren eingestellt werden, erhalten gemeinnützige Vereine und Einrichtungen oft Spenden. Wohin das Geld geflossen ist, dokumentiert eine Recherche von Correctiv.Lokal. Wir haben die Daten für Duisburg ausgewertet.

Der mit Abstand größte Profiteur aus Duisburg ist die Kindernothilfe. 2019 feierte der Verein im Landschaftspark Nord 60-jähriges Bestehen.

Der mit Abstand größte Profiteur aus Duisburg ist die Kindernothilfe. 2019 feierte der Verein im Landschaftspark Nord 60-jähriges Bestehen.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Wenn die Staatsanwaltschaft ermittelt, landet das Ergebnis häufig gar nicht vor Gericht. Das kann so sein, weil die Vorwürfe sich nicht erhärten oder die Schuld als zu gering bewertet wird. Oder aber, um die Ressourcen der Justiz zu schonen. Statt kleinere oder mittlere Straftaten vor Gericht zu verhandeln, werden sie dann gegen Auflage eingestellt. Bei dieser Auflage kann es um Wiedergutmachung gehen, um gemeinnützige Arbeit oder aber um eine Geldzahlung an eine gemeinnützige Organisation und die Staatskasse.

Das Recherchenetzwerk Correctiv.Lokal hat gesammelt, wer in den Jahren 2007 bis 2021 von diesen Geldzahlungen profitiert hat. Oft sind es große Hilfsorganisationen, die regelmäßig profitieren. Manchmal aber auch die kleinen Vereine aus dem eigenen Heimatort. Die Justiz kann frei entscheiden, wohin das Geld fließt. Auch Duisburger Vereine und Organisation haben so innerhalb dieser 15 Jahre rund 2,5 Millionen Euro erhalten. Wir haben die gesammelten Daten ausgewertet und aufbereitet, wer am meisten profitiert hat. Wichtig dabei: Es handelt sich um Mindestsummen. Unter Umständen haben noch mehr Vereine aus Duisburg profitiert, die in den Datensätzen nicht auftauchen. Interessante Tendenzen lassen sich hieraus dennoch ableiten.

Mehr als die Hälfte aller dokumentierten Zahlungen gingen an einen Verein: die Kindernothilfe. Wer das Geld, warum verteilt hat, wird nicht hinterlegt. In diesem Fall ist der Grund für die Häufung jedoch naheliegend. Die Kindernothilfe ist eine der bekanntesten christlichen Hilfsorganisationen in Deutschland und hat ihren Hauptsitz in Duisburg. Während bei anderen Vereinigungen nur die Duisburger Regionalstellen in der Statistik auftauchen, sind es bei der Kindernothilfe auch Geldauflagen an die Zentrale: insgesamt knapp 1,5 Millionen Euro.

Wer sich für Kinder und Jugendliche einsetzt, erhält jedoch in Duisburg allgemein überdurchschnittlich viel von den Spenden. Direkt hinter der Kindernothilfe folgt der Deutsche Kinderschutzbund mit knapp 190.000 Euro auf Platz zwei der größten Duisburger Profiteure. Das Jugendförderungswerk Duisburg kommt immerhin auf 77.250 Euro, dem fünfthöchsten Betrag aller aufgeführten Organisationen.

Diese Vereine und Themenfelder haben besonders profitiert.

Diese Vereine und Themenfelder haben besonders profitiert.

Foto: Martin Ferl

Nach der Jugend stehen in Duisburg die Tiere an zweiter Stelle. Über 250.000 Euro flossen an Tierschutzorganisationen, mehr als die Hälfte davon (136.012 Euro) an den Duisburger Zoo. Jeweils mehr als 200.000 Euro gingen an soziale Einrichtungen und Gesundheitsorganisationen. Größter Einzelprofiteur im Bereich „Soziales“ war der Verein zur Förderung der Bewährungshilfe mit rund 108.000 Euro.

Correctiv.Lokal kritisiert in seiner Recherche, dass der Spendensinn nicht immer erkennbar ist. Und zitiert Fälle aus der Bremer Staatsanwaltschaft, die ihnen nahestehenden Sportvereinen rund 79.000 Euro zuschanzte. Über solch einen Fall ist aus Duisburg nichts bekannt. Doch so mancher Geldempfänger kommt auch hier eher unerwartet daher. 6350 Euro landeten beim Polizeisportverein Duisburg 1920, 423,45 Euro beim Kampfsportverein Muay Thai Duisburg und 373 Euro beim 1. Bowling Club Duisburg 1963/90. Warum gerade das der „beste“ Zweck für eine Spende war, geht aus den vorliegenden Daten leider nicht hervor.

Diese Recherche ist Teil einer Kooperation der Rheinischen Post mit Correctiv.Lokal. Das Netzwerk fördert Recherchen im Lokaljournalismus. In der neuen Spendengerichte-Datenbank von Correctiv können Sie rund 50.000 Einrichtungen durchsuchen, die von Gerichten und Staatsanwaltschaften gefördert wurden: correctiv.org/spendengerichte

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