Polizei-Bilanz nach Corona-Demo in Duisburg „Das ist nicht optimal gelaufen“

Duisburg · Keine Masken, kein Abstand: Am Montagabend protestierten hunderte Menschen in Duisburg gegen die verschärften Maßnahmen. Angeführt wurden sie von einem von Deutschlands obersten Corona-Leugnern. Die Polizei griff nicht ein – und erklärt nun, warum.

 Ein Plakat bei einer Demo der „Querdenker“ im September in Düsseldorf.

Ein Plakat bei einer Demo der „Querdenker“ im September in Düsseldorf.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Es dauert etwa eine Stunde, dann singen sie die Nationalhymne. „Einigkeit und Recht und Freiheit“, heißt es da, nur mit dem Recht nehmen es die 500 Teilnehmer der Corona-Demo am Montagabend nicht so genau.  Männer und Frauen, vor allem ältere, aber auch ein paar Kinder sind dabei. Sie stehen vor dem Rathaus, Smartphones gezückt, Taschenlampe an, Hände hoch.

Es sind Szenen wie aus einem Open-Air-Konzert und wie das bei solchen Veranstaltungen so üblich ist, gibt es auf Youtube auch ein Video der Duisburger Corona-Demo. Dort zu sehen ist, wie ganz am Ende Bodo Schiffmann, Hals-Nasen-Ohren-Arzt aus Sinsheim, selbsternannter „Querdenker“ und der Star des Abends unter frenetischem Applaus durch die singende Menge läuft. „Für das deutsche Vaterland“.

Große Kundgebungen, auf denen heftig gegen die Corona-Politik von Bund und Ländern gewettert wird, wurden schon in vielen Städten organisiert. Am Montagabend war zum ersten Mal Duisburg dran. Kurz vor 18 Uhr parkte ein Bus am Rathaus, es stiegen aus: Arzt Bodo Schiffmann und mehrere seiner schillernden Corona-Rebellen. Masken werden nicht getragen, auch den Mindest-Abstand von 1,5 Metern halten die Teilnehmer in der Menge nicht ein. Schiffmann erinnert in einer Ansprache an eine wichtige Regel: Wer einen medizinischen Attest dabei habe, der müsse auch keinen Mund-Nasen-Schutz tragen, so der Arzt. Offenbar haben sehr viele Teilnehmer einen Attest.

Die Polizei hatte die Demo genehmigt, wies in den Auflagen allerdings auf den Mindestabstand hin. „Diese Vorgabe wurde aus unserer Sicht nicht ausreichend eingehalten“, sagt ein Sprecher der Polizei auf Anfrage unserer Redaktion. „Es erfolgte eine Abwägung der zu treffenden Maßnahmen.“ Dazu gehörten auch die Auflösung der Demo oder die Feststellung der Personalien all jener, die zu wenig Abstand hielten. „Die Polizei kam jedoch zu dem Schluss, dass sämtliche Maßnahmen und deren Durchsetzung zu weiteren erheblichen Gefahren hinsichtlich des Infektionsschutzes geführt hätten.“ Unter anderem stand eine Hundertschaft bereit.

Während der Demo kommen mehrere Redner zu Wort, darunter Rechtsanwalt und „Widerstand2020“-Frontmann Ralf Ludwig und der Corona-Leugner Samuel Eckert. Die Gruppe ist derzeit auf großer Deutschland-Tour, bereits in 40 Städten hat sie vor Publikum gesprochen. Wenige Stunden zuvor war sie in Dortmund. Die Polizei ermittelt dort nun gegen Schiffmann, weil er nicht ausreichend auf die Auflagen der Demo hinwies. Auch in Duisburg greifen die Männer zu ihrer altbewährten Taktik: Verharmlosen der Corona-Krise. Am liebsten mit Verschwörungstheorien.

So erzählt Schiffmann, es seien bereits Kinder gestorben, weil sie eine Maske tragen mussten. „Wir müssen unsere Kinder davor schützen wie Tiere ihre Jungen“, schlägt er vor. Auch behaupten die Redner, die Polizei würde Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht nicht anerkennen. Die Maßnahmen würden die Menschen „quälen“ und „unterdrücken“. Auch ein SS-Obersturmführer wird zitiert.

Auf Anfrage äußert sich die Stadtverwaltung kritisch über die Demo. „Die Stadt Duisburg bewertet die Signalwirkung der Veranstaltung als negativ. Die Einhaltung der Abstandsregeln ist essentiell“, sagt ein Sprecher. „Das ist nicht optimal gelaufen“, heißt es bei der Polizei.

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