Konzepte für Festivals überprüft Die Angst vor Großveranstaltungen

Festivals, Konzerte, Sportereignisse - überall kommen Tausende Menschen auf engstem Raum zusammen. Aber wie sicher sind Großveranstaltungen? Diese Frage stellen sich nach den tödlichen Ereignissen in Duisburg unzählige Menschen. Viele Veranstalter haben schon reagiert, geben aber auch Entwarnung.

Loveparade: Beklemmende Youtube-Videos
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Direkt nach der Massenpanik in Duisburg mit 20 Toten wurden von vielen Seiten Forderungen nach strengen Auflagen für Grßveranstaltungen laut. Und der Städte- und Gemeindebund setzte sich dafür ein, die Sicherheitsstandards für Großveranstaltungen zu überprüfen.

Genau das geschieht nun auch. So wollen etwa die Veranstalter des Heavy-Metal-Festivals Wacken Open Air, das vom 5. bis zum 7. August stattfindet, noch einmal mögliche Schwachstellen ausloten. Doch Sicherheitschef Thomas Hess beruhigt auch: Eine ähnliche Katastrophe wie in Duisburg sei in Wacken nicht möglich. Die Veranstaltungsfläche des Open Air sei offen. Die Eingänge könnten auch als Fluchtwege genutzt, und die das Festival umgrenzenden Bauzäune umgekippt werden.

Videoüberwachung bei Wacken

Wie Hess erklärt, seien Sicherheitskräfte , Polizei und Sanitäter ständig in Kontakt. Zudem gebe es auf dem Gelände Videoüberwachung. Der Einlass werde über ein Ampelsystem geregelt, und rund 900 Sicherheitskräfte sorgten für Ordnung. Die Sicherheitsvorkehrungen seien zudem in den vergangenen Jahren ständig angepasst und überarbeitet worden.

Genau das unterscheidet Wacken tatsächlich von Duisburg - die Erfahrung. Jahrelange Veranstaltungen auf einem Gelände lassen Jahr für Jahr Verbesserungen zu. Die Erfahrung im Zusammenspiel von Polizei und Sicherheitskräften spielt eine enorme Rolle bei der Planung.

So etwa auch in Berlin. Jahrelang fand die Loveparade in der Haupstadt statt. Sie fand auf keinem geschlossenen Areal, sondern entlang der Straße des 17. Juni statt, links und rechts begrenzt vom Tiergarten. Darüber gab es Fluchtmöglichkeiten für erschöpfte Besucher. Was auch viele nutzten, wie Berichte über die Zustände des Tiergartens immer wieder deutliche machten.

Diese Erfahrung, die Berlin in der Zeit der Loveparade genutzt hat, konnte sie auch auf andere Veranstaltungen ausweiten. So etwa beim Public Viewing zu den Fußball-WMs. Zwar fand das ein Stück weiter, nämlich Richtung Brandenburg Tor statt, dennoch war es wieder auf einer langgezogenen Strecke wie bei der Loveparade.

Erfahrungen aus Roskilde

Auf einen großen Erfahrungsschatz greifen auch die Veranstalter des Hurrican-Festivals zurück, zu dem in diesem Jahr rund 70.000 Besucher kamen. Allerdings will auch die Polizei in Rotenburg die Sicherheitsmaßnahmen für das Festival in Scheeßel noch einmal unter die Lupe nehmen. "Das sollte man immer nach solchen Ereignissen machen", sagte Polizeisprecher Detlev Kaldinski.

Aber generell werde das Sicherheitskonzept ständig überprüft und gegebenfalls auch verbessert. Als Beispiel nennt Kaldinski das Roskilde-Festival im Jahr 2000. Damals war es zu einem Gedränge vor der Bühne gekommen, bei der neun Menschen erdrückt worden waren. Seitdem werden beim Hurrican-Festival mehr sogenannte Wellenbrecher zwischen den Zuschauergruppen installiert.

Überprüfungen gibt es nach Informationen des Senders NDR 1 Radio MV auch bei der Hanse Sail. Vergleichen will Hanse-Sail-Chef Holger Bellgardt die Situation aber nicht mit der in Duisburg. Bei der Veranstaltung würden zwar auch eine Millionen Menschen erwartet, aber vom 5. bis zum 8. August.

Zudem habe es seit Bestehen der Hanse Sail noch nie ein Ereignis gegeben, bei dem es zu Panikreaktionen von Besuchern kam. Auch hier habe es ein Nadelöhr gegeben, ein Fußgängertunnel am Bahnhof in Warnemünde. Das sei vor Jahren entschärft worden, in dem er nur noch in einer Richtung begehbar sei. Dadurch könne es nicht zu so einem gefährlichen Stau wie in Duisburg kommen.

Sicherheits-Tüv gefordert

Auch bei den Gay Games in Köln werden die Sicherheitskonzepte noch einmal überprüft, so Co-Präsident Michael Lohaus auf der Internetseite des Sporfestes. Auch dort werden bis zu eine Million Besucher erwartet.

Eines jedenfalls hat das Unglück in Duisburg gezeigt. Die Forderungen nach mehr Sicherheit werden nicht leiser. Veranstalter wie Mark Lieberberg, der große Konzerte und Mega-Events organisiert, verlangt etwa, die Einsatzkräfte aufzustocken. Und die Gewerkschaft der Polizei fordert, dass auch Qualitätsstandards für private Sicherheitsleute gelten müssten.

Zudem spricht sich die Gewerkschaft für einen Sicherheits-Tüv für Großveranstaltungen aus. Das Konzept für solche Veranstaltungen sei so anspruchsvoll, dass es nicht allein in den Händen einer Stadtverwaltung liegen dürfe, so Gewerkschaftschef Rainer Wendt in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er plädiert dafür, dass die Landesinnenminister grünes Licht für solche Veranstaltungen geben sollten.

(das/top)
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