Duisburg Der neue Chef mag Herausforderungen

Duisburg · Holger Pethke sitzt seit wenigen Tagen auf dem Chefsessel im Jugendamt. Vor den Aufgaben, die ihn in dieser Stadt erwarten, hat er keine Angst. Vieles kennt er aus seiner Zeit in Chemnitz.

 Jugendamtsleiter Holger Pethke hat das Büro seines Vorgängers übernommen und damit auch das Wandbild hinter ihm. "Das bleibt", sagt er.

Jugendamtsleiter Holger Pethke hat das Büro seines Vorgängers übernommen und damit auch das Wandbild hinter ihm. "Das bleibt", sagt er.

Foto: Reichwein

Es sind ganz neue Töne, die seit wenigen Tagen im Jugendamt an der Kuhstraße zu hören sind. Denn der neue Chef ist unüberhörbar Sachse. Holger Pethke ist in Meißen geboren und hat zuletzt in Chemnitz gearbeitet — man hört's. Als Thomas Krützberg noch kein Jugenddezernent, sondern "nur" Amtsleiter war, trafen er und Pethke sich mehrfach bei Fachtagungen. Der Duisburger und der Sachse schätzten von Anfang an die Qualität der Arbeit des jeweils anderen. Und weil zwischen ihnen die Chemie stimmte, lag es nahe, dass Krützberg den Freund aus Chemnitz über die freie Amtsleiterstelle in Duisburg informierte. Der 50-Jährige bewarb sich und wurde vom Stadtrat einstimmig gewählt. Ganz offensichtlich war die Politik von ihm beeindruckt.

Viel Zeit, sich in Duisburg umzuschauen, hat Holger Pethke noch nicht bekommen. Seit dem 2. Januar ist er im Amt und beginnt gerade erst damit, seine Mitarbeiter im Jugendamt, die Probleme Duisburgs und die Herausforderungen kennenzulernen.

Da ist zum Beispiel die schwierige Integration und Betreuung von Kindern aus Rumänien und Bulgarien. Viele Worte wolle er hier gar nicht verlieren, sagt Pethke. Natürlich müsse alles dafür getan werden, dass die Kinder hier zur Schule gehen, Gesundheitsvorsorge bekommen, anständig untergebracht und ernährt werden, alle Chancen erhalten, später mal einen Beruf zu erlernen und nicht auf der Straße landen. Das ist eine große Aufgabe, weiß Pethke. In Chemnitz lebten zwar weniger Rumänen und Bulgaren, aber bei der Integration von Vietnamesen und deutschstämmigen Bürgern aus der ehemaligen Sowjetunion habe es in seiner Geburtsstadt vergleichbare Probleme gegeben.

Als Leiter des Amtes für Jugend und Familie in der sächsischen 250 000 Einwohner-Gemeinde sammelte Holger Pethke Erfahrungen damit, dass auch für die wichtigsten Aufgaben oft nicht genug Geld in der Stadtkasse ist. "Wir haben zwar immer einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen", aber der Spardruck durch die Kommunalaufsicht sei dennoch groß gewesen.

Als die Uni Hamburg zehn Städte mit einer Viertel-Million-Einwohner unter die Lupe nahm, lag Chemnitz beim Vergleich der Effektivität von Erziehungshilfe bezogen auf die Kosten ganz an der Spitze. Duisburgs Kämmerer Peter Langner würde sich sicherlich freuen, wenn Holger Pethke dieses Kunststück auch hier hinbekäme "In Chemnitz wurden 24,4 Millionen Euro für Erziehungshilfe pro Jahr benötigt. In Duisburg mit doppelt so vielen Einwohnern liegt der Betrag vier Mal so hoch", so Pethke. Ganz ohne Zweifel dürfe aber nicht das Geld die Qualität der Arbeit bestimmen, sagt der 50-Jährige.

Bei seiner neuen Tätigkeit in Duisburg wird ihm möglicherweise zugute kommen, dass er keinen "normalen" Beamtenweg hinter sich hat. Holger Pethke ist Psychotherapeut (Musiktherapeut). Er leitete das Kulturamt im Landratsamt Meißen. Er war Pressesprecher beim Sächsischen Landtag. Er wurde 1995 Bürgermeister für Soziales, Kultur und Sport in der Kreisstadt Radebeul und 2003 Leiter des Amtes für Jugend und Familie in Chemnitz. Er studierte Psychologie, erwarb das Diplom als Musik- und Literaturwissenschaftler und war Qualitätsbeauftragter sozialer und diakonischer Einrichtungen in der Diakonischen Akademie Ludwigsburg

Dass er laut Lebenslauf quasi alle zehn Jahre einen beruflichen Wechsel beziehungsweise eine Veränderungen vorgenommen hat, will er aber auf gar keinen Fall als Hinweis auf die voraussichtliche Dauer seiner Duisburger Amtszeit verstanden wissen.

Der dreifache Familienvater hat sich zwar in Duisburg eine Wohnung genommen, will aber dennoch so oft wie es geht, freie Wochenenden nutzen, um nach Chemnitz zu fahren, wo er sich dann um Frau und Kinder ebenso kümmern kann wie um seine zahlreichen Hobbys, bei denen sich ein weiteres Mal zeigt, dass Pethke Herausforderungen liebt. Unter anderem betreibt er nämlich alpines Bergsteigen.

(RP)
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