RP-Sommerserie Unternehmer am Niederrhein (Folge 36/Ende) Der Begründer des Agrobusiness

Duisburg · Vor rund 100 Jahren wurde auf Betreiben von Hans Tenhaeff in Straelen die erste deutsche Erzeugerversteigerung eröffnet. Er legte den Grundstein für die ökonomische Entwicklung von Gartenbau und Landwirtschaft in der gesamten Region.

RP-Sommerserie Unternehmer am Niederrhein (Folge 36/Ende): Der Begründer des Agrobusiness
Foto: Stadtarchiv Straelen

Knapp fünf Minuten dauert der Imagefilm, den Straelen vor einigen Wochen präsentiert hat. Dabei verweilt die Kamera auch im großen Saal an den Uhren der Versteigerung in Herongen. Dort schlägt der Puls der Blumen- und Gemüsestadt Straelen, dort ist ein Schwerpunkt der Agrobusiness-Region Niederrhein. Und Hans Tenhaeff war der Mann, der vor rund 100 Jahren den Grundstein dafür legte. "Ohne Tenhaeff wäre Straelen nicht Gartenbauzentrum geworden", beschreibt Straelens Stadtarchivar Bernhard Keuck die Bedeutung des Mannes, der in Straelen die erste Erzeugerversteigerung Westdeutschlands gründete. Damit, betont Keuck, "hat er den Bauern eine Perspektive gegeben und den Wohlstand nach Straelen gebracht".

 Aus Tenhaeffs Idee ist letztlich die Versteigerung in Herongen geworden, der Umschlagplatz für viele Gärtner aus der Region.

Aus Tenhaeffs Idee ist letztlich die Versteigerung in Herongen geworden, der Umschlagplatz für viele Gärtner aus der Region.

Foto: Chilihaus TV und Medien

Nach der Militärdienstzeit und einer Angestelltentätigkeit in einer Reederei in Ruhrort gründete der gebürtige Tönisberger Tenhaeff in Duisburg ein Holzhandelsgeschäft. 1909 siedelte er mit seiner Firma nach Straelen um. Die dörfliche Gemeinde bot Tenhaeff gute Entwicklungsmöglichkeiten für den Holzhandel sowie für das später errichtete Sägewerk und eine Kistenfabrik.

Nach seiner Wahl in den Straelener Gemeinderat 1913 verstärkte Tenhaeff seine ehrenamtliche Tätigkeit. Er hatte mitbekommen, wie die niederländischen Nachbarn das Ruhrgebiet mit Gemüse belieferten, und überlegte, ob sich diese Branche nicht auch in Straelen installieren ließe. "Tenhaeff überzeugte die eher am Vertrauten festhaltenden Bauern davon, dass sie mit intensivem Gemüseanbau auf kleinen Flächen ihre Erträge enorm steigern könnten", berichtet der Stadtarchivar. Etwa 40 Interessenten machte Tenhaeff, unterstützt von einem niederländischen Experten, mit dem Erwerbsgartenbau vertraut.

Sein Organisationstalent wirkte bald über die Stadtgrenzen hinaus. Auf seine Anregung hin schlossen sich Ende 1913 im Altkreis Geldern 13 Obst- und Gartenbauvereine zu einem Kreisverband zusammen. Im Juni 1914 wurde in Straelen die erste deutsche Erzeugerversteigerung für Gemüse, Obst und Eier eröffnet.

Der Trend zur Kooperation von Landwirten und Gärtnern strahlte bald nach Kempen, Moers und Kleve aus. Fast logisch war es, dass man Tenhaeff 1922 zum Vorsitzenden des neuen Provinzialverbands der Erwerbs-, Obst- und Gemüsezüchter für die Rheinprovinz machte.

"Tenhaeff begriff, dass ohne gute Ausbildung alles auf tönernen Füßen steht", kommt Keuck auf den — neben Produktion und Vermarktung — dritten wichtigen Bereich im Agrobusiness zu sprechen, für den Anfang des 20. Jahrhunderts die Grundlagen geschaffen wurden. 1915 ließ Tenhaeff, der 1952 das Bundesverdienstkreuz erhielt, eine Versuchsanlage von Glashäusern errichten. 1916 griff er den Gedanken auf, eine an der Praxis ausgerichtete Lehranstalt für den Gemüsebau in Straelen zu gründen. Sie war die Keimzelle für die Nachfolger Lehr- und Versuchsanstalt und Gartenbauzentrum an der Hans-Tenhaeff-Straße sowie für weitere Bildungsinstitute der Landwirtschaftskammer.

(RP)
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