Nachwuchs im Zoo Duisburg Wie Delfin-Baby Domingo die Herzen der Besucher im Sturm erobert
Duisburg · Am 4. September kam Domingo zur Welt. Inzwischen hat sich der kleine Große Tümmler bereits prächtig in die neunköpfige Delfingruppe des Delfinariums am Kaiserberg integriert. Am Mittwoch wurde er erstmals öffentlich vorgestellt. Wie es dem vier Monate alten Delfin jetzt geht.

Domingo zieht seine ersten Bahnen im Becken
An die Geburt kann sich Zootierärztin Kerstin Ternes noch gut erinnern. „Debbie ist mit ihren sieben Jahren ja noch eine recht junge Mutter. Und normalerweise wiegen Delfine bei ihrer Geburt rund 18 Kilo – bei Domingo waren es nur 13,8 Kilo.“ Debbie ging aber von Anfang an recht souverän mit ihrem Neugeborenen um. „Als erstes wird das Tier von seiner Mutter bis auf den Grund gedrückt. Das soll eine Atemnot auslösen, ähnlich wie bei menschlichen Säuglingen der Klaps auf den Po. Anschließend schwimmt der neugeborene Tümmler sofort an die Oberfläche und nimmt besonders tiefe Atemzüge. Dann kann sich die Lunge sofort voll entfalten“, so die Ärztin.
Das klappte bei Domingo ebenso wie das Säugen. „Das ist in den ersten 24 Stunden besonders wichtig, denn durch die erste Muttermilch erhält das Jungtier Antikörper, das vor Keimen schützt“, so Kerstin Ternes. Denn keimfrei ist das Wasser im Delfinarium keineswegs. „Wir verwenden ja keine Chemikalien, und gechlort ist das Wasser auch nicht.“ Am zweiten Tag wird dann anhand des Blutzuckers festgestellt, ob der kleine Delfin genug getrunken hat.
„Wenn das einmal nicht funktionieren sollte, füttern wir mit einer Mischung aus Fischbrei, Milch und Vitaminen“, sagt Revierleiter Roland Edler, der seit vielen Jahren für die Delfine zuständig ist. Bei Domingo sei dies nicht notwendig gewesen. „Eine Handaufzucht haben wir in Duisburg noch nie machen müssen“, berichtet er. Eigentlich müsste Domingo bereits nach drei Monaten um die 60 Kilo wiegen – das erreicht der putzmunter im Becken schwimmende Delfin derzeit aber wohl noch nicht.
30 Tage lang wurde Domingo Tag und Nacht über 24 Stunden ununterbrochen beobachtet. Wie verhält er sich? Trinkt er? Atmet er öfter als seine Mutter? „Wenn das so wäre, würde etwas nicht stimmen. Die Mutter gibt normalerweise vor, wann geatmet wird“, erklärt Kerstin Ternes. Die kleinen Tiere werden von ihren Müttern „geführt“ und bis zu drei Jahre lang gesäugt, bevor sie ihre eigenen Wege gehen.
So hatte es kürzlich für Verwirrung in der ganzen Gruppe gegeben, als Domingo plötzlich von seiner „Tante“ Dörte geführt wurde und die beiden in einen anderen Beckenbereich schwammen. Das war aber nur von kurzer Dauer. Jetzt schwimmt Domingo wieder brav an der Seite seiner Mutter Debbie. Überhaupt sei der soziale Zusammenhalt in der Gruppe außergewöhnlich.
Dazu gehört auch, dass die Tiere schon mal übermütig sind und gerne auch mal spielen. „Das täten sie nicht, wenn sie unter Druck stünden oder gestresst wären. Und Delfine, die dringend Nahrung suchen, würden nicht spielen wollen“, erklärt die Ärztin. Vom munteren Treiben der ganzen Gruppe können sich die Zoobesucher überzeugen – klar, dass dabei die Sympathien den „Kleinen“ gehören.
Edler hebt hervor, dass Domingo wie alle in Duisburg zur Welt gekommene Delfine einen Namen erhalten hat, der mit dem Buchstaben D anfängt. Von den neun Delfinen, die derzeit im Duisburger Zoo leben, sind nur zwei hier nicht aufgezogen worden, erklärt Zoosprecher Christian Schreiner.
Dazu gehört auch Zuchtbulle Ivo, der mit inzwischen 44 Jahre älteste Delfin in der Gruppe. Die zweitälteste ist Pepina (42), die wie die 30-jährige Delphi bereits Oma ist. Die neunköpfige Gruppe vervollständigen Daisy (26), Dörte (11), die beiden siebenjährigen Debbie und Dobbie, Dora (2) und eben jetzt auch Domingo.
Als Vater Domingos kommen also Ivo oder Dobbie in Betracht – in beiden Fällen handelt es sich um Inzucht, was die Verantwortlichen im Zoo aber als prinzipiell ungefährlich ansehen.
Von Aktivisten und Tierschützern gibt es schon seit langem Widerstand gegen die Haltung der Tiere in Duisburg. Auch in der jüngeren Vergangenheit hatte es immer wieder Proteste gegen gegeben. Die Aktivisten, etwa von Peta, kritisieren beispielsweise, dass die Betonbecken im Delfinarium des Zoos am Kaiserberg keine artgerechte Heimat für die intelligenten Tiere sein könnten.
Die Tierschutzorganisation Peta fordert bereits seit geraumer Zeit das Ende der Delfin-Haltung im Duisburger Zoo. Unter anderem waren Aktivisten während einer Show ins Delfinarium gesprungen. Im Dezember hatte sich eine Aktivistin in einem Delfin-Kostüm in eine Badewanne gesetzt, um gegen die Beengtheit der Tiere im Delfinarium zu protestieren.
Die Verantwortlichen des Zoos verweisen indes darauf, dass die Haltung auch wissenschaftlichen Zwecken dient. So wurden im Delfinarium GPS-Tracker getestet, die später dann an frei lebenden Tieren mittels Saugnäpfen an der Haut angebracht werden. Das erlaubt den Forschern, die Bewegung der Delfine zu verfolgen, ihre Wege nachzuvollziehen und herauszufinden, wie tief sie tauchen.
Ein anderer Forschungszweig setzt sich damit auseinander, dass Große Tümmler sich auch in Fangnetzen verheddern und dann ertrinken, weil sie nicht mehr an die Oberfläche gelangen können. Forscher wollen herausfinden, wie man erreichen kann, dass die Delfine den Netzen ausweichen. Eine Lösung könnte demnach in reflektierendem Netzmaterial bestehen. Sind sie speziell beschichtet, können die Tiere per Echoortung die Netze besser erkennen.
Mittels besonderer Mikrofone wurde auch untersucht, wie Delfine miteinander kommunizieren und wann sie damit beginnen.
„In vielen Dingen gibt es einen Wissenstransfer aus dem Zoo heraus, der am Ende hilft, den Artenschutz in der Natur zu verbessern“, so Zoosprecher Christian Schreiner.