Duisburg Das Leben ist live, der Tod aber auch

Duisburg · Mit Hugo von Hofmannsthals Solo-Version des Mysterienspiels "Jedermann" wurde am Mittwochabend alles geboten, was das Theater zu bieten hat: Dramatik und Komik, Schauspielkunst, Moral und Sinnlichkeit.

 Spielwütig und mit freiem Oberkörper führte der Schauspieler Philipp Hochmair höchst (ver)wandlungsfähig einen ziemlich coolen Dialog mit sich selbst und seiner Außenwelt.

Spielwütig und mit freiem Oberkörper führte der Schauspieler Philipp Hochmair höchst (ver)wandlungsfähig einen ziemlich coolen Dialog mit sich selbst und seiner Außenwelt.

Foto: Krafft Angerer

Mit der Auswahl dieses "Jedermann" unterstreicht Duisburgs Schauspielintendant Michael Steindl einmal mehr seine kenntnisreiche Weitsicht in Sachen Theater. Denn so, wie diese Inszenierung daherkommt, bietet sie alles, was Theater zu bieten hat: Dramatik und Komik, Schauspielkunst, Moral und Sinnlichkeit. Kein Zufall also, dass das Duisburger Publikum mit hoher Konzentration und Empathie diesem Abend folgte und nach eindreiviertel Stunden in einen tosenden Schlussapplaus ausbrach.

Eher schüchtern als "Konzert-Performance" einer "Solo-Version" von Hugo von Hofmannsthals Mysterienspiel des "Jedermann" angekündigt, betrat spielwütig mit halbfreiem Oberkörper der Schauspieler Philipp Hochmair am Mittwochabend die große Bühne des Duisburger Theaters. In der Produktion des Hamburger Thalia Theaters führte der auch hierzulande schon häufiger zu sehende Hochmair höchst (ver)wandlungsfähig einen ziemlich coolen Dialog mit sich selbst und seiner Außenwelt. Unterstützung erhielt er dabei von der US-amerikanischen Musikerin Simonne Jones, die tief dekolletiert mit zahlreichen Instrumenten und ihrer Stimme am Regler-Set live ein vielstimmiges Rock-Orchester erzeugte.

"LIVE" stand auch auf der Bühne übergroß in Versalien als Licht-Schrift geschrieben, was durchaus als Kernbotschaft des Abends zu verstehen sein könnte: Das Leben ist live, der Tod aber auch; und: Theater ist live. Eine sekundengenaue Digitaluhr zeigt zudem an: Das hier ist alles Echt-Zeit! Und schon ist man beim "Jedermann".

Dieser wird nämlich "plötzlich auf sich selbst zurückgeworfen", heißt es den Plot des Stückes wiedergebend im lesenswerten Programmheft des Thalia-Theaters, "als ihn der Tod mitten aus dem Leben reißen will. Er macht sich gleichermaßen die Welt zur Bühne, indem er den rettenden Versuch unternimmt, sein Leben zu erklären und zu erzählen. Vergeblich. Der Tod lässt nicht mit sich verhandeln. Sich selbst und den Zuschauern stellt er die existenzielle Frage: Wie wirst du gelebt haben, wenn es ans Sterben geht?"

Bastian Kraft (Regie) und Peter Baur (Bühne und Video) schaffen für Hochmair und Jones eine kunstvoll ausgestattete Plattform, auf der die beiden Bilder spiegeln und verdoppeln, Texte und Sprache wiederholen und überhöhen sowie Musik und Stimme mit Audio-Loops versehen können. Einfach großartig, dieses leider nur einmalige Duisburger Gastspiel:

(reife)
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