Duisburg Das Besondere im Banalen entdecken

Duisburg · Das private Museum DKM präsentiert in seiner jüngsten Sonderausstellung Fotografien von Götz Diergarten, der einst bei Bernd Becher studierte und nun selber als einer der ganz großen Fotokünstler in Deutschland gilt.

 Götz Diergarten findet seine Motive dort, wo man sie nicht vermutet und kaum hinschaut. Bis zum 6. Mai sind seine mehrfach preisgekrönte Fotoarbeiten im Museum DKM zu sehen.

Götz Diergarten findet seine Motive dort, wo man sie nicht vermutet und kaum hinschaut. Bis zum 6. Mai sind seine mehrfach preisgekrönte Fotoarbeiten im Museum DKM zu sehen.

Foto: andreas probst

Suchen, entdecken, einen Blickwinkel finden und dann den glücklichen Zeitpunkt abwarten, um auf den Auslöser zu drücken: So kann man sich die Arbeit von Götz Diergarten vorstellen. Der 40-jährige Fotograf gilt als einer der ganz Großen seiner Zunft. Das private Museum DKM widmet ihm seine jüngste Sonderausstellung, die bis zum 6. Mai besichtigt werden kann.

 Blick auf ein Wohnhaus in Nowa Huta, einem Vorort der polnischen Stadt Krakau.

Blick auf ein Wohnhaus in Nowa Huta, einem Vorort der polnischen Stadt Krakau.

Foto: über museum dkm

Diergarten fotografiert keine wilden Tiere, keine Menschen, keine Umweltkatastrophen und keine Naturschönheiten. Ihn interessieren Häuserfassaden und Fenster mit heruntergelassenen Rollläden, Garagentore, Strandhäuschen oder Bahnhofsstationen: kurzum Dinge, die man normalerweise kaum beachtet. Die Ausstellung im Museum DKM hat den treffenden Titel "Das Besondere im Banalen".

Klaus Maas und Dirk Krämer, die Stifter und Museumsgründer, haben die Fotografien von Götz Diergarten schon vor einigen Jahren für sich entdeckt, fügen sie sich trotz scheinbarer Sprödigkeit vorzüglich in ihre Sammlungsidee, die unter dem Motto "Linien stiller Schönheit" steht. Jetzt zeigen sie zum ersten Mal Werke aus Diergartens Werkreihen "Fassaden", "Nowa Huta" und "Duderstadt". Es sind Bildfolgen, deren Motive beziehungsweise Objekte durchaus zu erkennen sind, die aber dennoch wie Werke der abstrakten Kunst wirken. Klaus Maas sprach bei der Pressevorbesichtigung von "Foto-Malerei", wobei das Zusammenspiel von flächiger Wirkung und Farbraum-Tiefe immer wieder aufs Neue faszinierend ist. Götz Diergarten, der u.a. bei Bernd Becher an der Kunstakademie in Düsseldorf studierte, fotografiert so, dass die Motive unabhängig von ihrem gewöhnlichen Kontext und ihrer alltäglichen Funktion erscheinen. Auf die Spitze hat es Diergarten mit Fotos von Bahnhöfen getrieben. Tagsüber wartete der Künstler-Fotograf Momente ab, bei denen kein Mensch im Bild zu sehen ist.

Auch in seiner Serie "Nowa Huta" sieht man keinen Menschen im Bild. Nowa Huta ist ein Vorort in Krakau. Diergarten fotografiert beispielsweise eine Häuserfront, bei der sich bunt angestrichene Balkone vom sterilen Grau des übrigen Mauerwerks absetzen.

In anderen Werken ist es der enge Bildausschnitt, der das "Besondere im Banalen" zeigt. Da finden sich neben abgeschotterten Fenstern immer wieder Elemente, die sich der Symmetrie der Komposition widersetzen. Das einzelne Foto würde vielleicht nicht "besonders" wirken, als Serie werden Diergartens Fotografien aber zu "Typologien der Alltagsarchitektur". Dem Betrachter wird eine neue Sicht auf das Gewohnte vermittelt.

Diergarten fotografiert "altmodisch"; er verzichtet auf technische Bearbeitungen. Bei Außenaufnahmen wartet er geduldig die richtigen Lichtverhältnisse ab. Ideal sei ein bewölkter Himmel, bei dem die Wolken weißlich-grau sind. Über den Spruch "Sonne lacht, Blende acht", schmunzelt er. "Wenn die Sonne lacht, fotografiere ich nie", sagt er. Im Gegensatz zu seinem akademischen Lehrer Bernd Becher, der die historische Bedeutung der Industriearchitektur auf grandiose Weise ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht hat, findet Diergarten seine Bilder dort, wo andere achtlos vorbeigehen. "Seine Arbeiten wirken still, unaufdringlich, sachlich und poetisch zugleich, sie beanspruchen ein bewusstes intensives Sehen", heißt es im treffenden Begleittext des Museums DKM. Dort kann man übrigens auch Becher-Fotografien aus der ständigen Sammlung besichtigen.

Die Duisburger Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit der Berliner Galerie von Rudolf Kicken, einer weltweit führenden Galerie für Fotokunst.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort