Duisburg Darlingtons dreifache Steigerung

Duisburg · Das jüngste, siebte Philharmonische Konzert im gut gefüllten TaM dirigierte Jonathan Darlington, Duisburgs Generalmusikdirektor von 2002 bis 2011. Es gab viel Beifall für einen großen Abend.

Duisburg: Darlingtons dreifache Steigerung
Foto: Philharmoniker

Mit so viel Beifall begrüßt und auch verabschiedet wird bei den Duisburger Philharmonischen Konzerten kaum ein Gastdirigent wie jetzt Jonathan Darlington bei der jüngsten, siebten Ausgabe im gut gefüllten Theater am Marientor (TaM). Der profilierte britische Dirigent war von 2002 bis 2011 Duisburgs Generalmusikdirektor und ist in unserer Stadt nach wie vor sehr beliebt. Das fühle sich "seltsam" an, meinte Darlington zu Beginn, und er freue sich, so viele Orchestermusiker zu sehen, mit denen er "schon seit Ewigkeiten" musiziere.

Wie immer hatte Darlington ein klug durchdachtes Programm vorbereitet. Zunächst ging er seinem feinen Sinn für die Farben und Aromen der französischen Musik nach. Zuerst kam jene charmante Sinfonie C-Dur (1855), die Georges Bizet mit 17 Jahren schrieb, dann aber in der Schublade verschwinden ließ, weil das Werk zwar wie aus einem Guss wirkt, aber viele Vorbilder von Joseph Haydn bis zu Felix Mendelssohn erkennen lässt, vor allem die im selben Jahr entstandene Sinfonie Nr. 1 D-Dur seines großen Vorbilds Charles Gounod. Die Uraufführung der Sinfonie war dann erst 1935 in Basel. Jetzt im TaM funkte und blinkte die Aufführung, hätte nur hier und da ein wenig mehr Biss haben können.

Darauf folgte "La valse" (1919/20) von Maurice Ravel, jene intensive "Tanz-Dichtung", die an einem kaiserlichen Hof um 1855 spielt. Jonathan Darlington machte hier Ernst mit der gewaltigen Steigerung, die den Wiener Walzer zuerst überhöht und dann zerstört, so wie die Gesellschaft vor dem Ersten Weltkrieg in den Abgrund tanzte.

Das schien man kaum übertreffen zu können, doch nach der Pause kam die dritte Stufe der Rakete in Form der Sinfonie Nr. 2 "The Age of Anxiety" ("Das Zeitalter der Angst", 1947-49/65) von Leonard Bernstein. Nach dem gleichnamigen Gedicht von Wystan Hugh Auden geht es darin um die Glaubenskrise der Menschheit. Noch mehr als zuvor feierten die Duisburger Philharmoniker unter Darlington hier ein Fest der charakteristischen Klangfarben, so gleich zu Beginn das verinnerlichte Klarinetten-Duo und der Flötenlauf abwärts als "Brücke ins Reich des Unbewussten".

Klavier und Orchester sind in diesem Werk fast gleichberechtigt, aber dennoch wollte Bernstein seine Komposition nicht als Klavierkonzert verstanden wissen. Offenbar identifizierte sich der Komponist mit dem Pianisten der Sinfonie, um sich unmittelbar an der Suche nach dem Glauben beteiligen zu können. Im TaM meisterte der vor gerade mal 25 Jahren in Rastatt geborene Frank Dupree den immens schwierigen Solopart. Zu welch beseelter Gestaltung er bereits fähig ist, zeigte er noch mehr in seiner passenden Zugabe, einem bluesigen Prelude von George Gershwin.

(hod)
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