14 Klassen in Quarantäne Beginnt die Schule in Duisburg bald um 7.30 Uhr?

Duisburg · Lehrer, Eltern, Kita-Betreiber und der Kinderschutzbund machen sich Sorgen wegen des Regelbetriebs in Schulen und Kindergärten. Das Solinger Modell sollte Vorbild auch für Duisburg sein – und sogar verschärft werden. Nun werden Alternativen diskutiert.

 Wie hier an der Globus-Gesamtschule sieht es zurzeit in allen Duisburger Schulen aus: Offene Fenster und warme Jacken prägen das Bild.

Wie hier an der Globus-Gesamtschule sieht es zurzeit in allen Duisburger Schulen aus: Offene Fenster und warme Jacken prägen das Bild.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Sabine Ritter ist Mathematiklehrerin an einer Duisburger Gesamtschule und macht sich Sorgen um den Präsenzunterricht. Sie hat die Häufigkeitsverteilung von Covid-19-Infizierten bei verschiedenen Altersgruppen nachgerechnet. Ihr Fazit: Die Schüler haben ein ähnliches Ansteckungsrisiko wie andere Altersgruppen auch.

Vor diesem Hintergrund kann Sabine Ritter nicht verstehen, dass ein Kind mit 29 anderen in einem Raum sitzt in einer Zeit, wo die Inzidenzwerte bei über 250 liegen. Ihr Vorschlag: Klassen und Kurse halbieren, A- und B-Wochen einrichten. Die Schüler hätten dann je zur Hälfte im wöchentlichen Wechsel Präsenzunterricht oder Homeschooling. „Lehrer müssen dadurch nicht weniger arbeiten, aber sie bräuchten sich nicht ganz so viele Sorgen um ihre Gesundheit machen“, so die Mathelehrerin.

Ähnlich sieht das Gerhild Tobergte vom Kinderschutzbund Duisburg. „Wir haben mit Beginn der Schulschließungen versucht, mit den am härtesten Betroffenen, unseren Flüchtlingskindern, einen solchen Weg zu erproben: Wir haben die Anzahl der Kinder pro Gruppe reduziert, sie im Biegerpark in Kleinstgruppen auf Picknickdecken, im Baumhaus und auf Parkbänken verteilt unterrichtet. Mit vollem Erfolg!“, teilte sie am Freitag mit. Die Infektionsgefahr würde dadurch geringer gehalten und jeder Lehrer habe mehr Gelegenheit, sich individuell um einzelne Kinder zu kümmern.

Eltern berichten der Redaktion von einem hohen Krankenstand an Schulen im Duisburger Norden, insbesondere an Gesamtschulen. „Es fällt dadurch viel Unterricht aus“, so ein Vater. Mit Corona hat das jedenfalls nichts zu tun, so die Stadt. „Seit dem 26. Oktober ist an weiterführenden Schulen lediglich eine Lehrkraft betroffen. An den Grundschulen hatten wir seitdem keinen infizierten Lehrer“, so Stadtsprecherin Gabi Priem. Die Gefahr, dass ganze Schulen geschlossen werden müssten, sieht die Stadt (noch) nicht.

An der PTA-Fachschule Niederrhein an der Klöcknerstraße in Neudorf werden Physikalisch-Technische Assistenten ausgebildet. Sie arbeiten später als „rechte Hand des Apothekers“. „Ein möglicher Corona-Ausbruch wird hier mehr oder weniger verheimlicht“, vermutet der Vater einer Schülerin.

Am Donnerstag seien drei Schüler einer Klasse, die nebeneinander sitzen, „ohne weitere Erklärung“ nach Hause geschickt worden. Sie hatten Kontakt mit Coronainfizierten aus der Unterstufe der Schule, wie sich später herausgestellt habe. Einige Lehrer unterrichteten ohne Maske und liefen dabei noch durch die Reihen. Andere ließen durchgehend Fenster und Türen zu, da sie sich an den Geräuschen von außen stören. Im kleinen Labor gebe es keine Möglichkeit zu lüften.

„Die Lage an den Schulen ist angespannt, deswegen bedauern wir auch, dass das Solinger Modell vom Land verboten wurde“, heißt es seitens der Stadt. Duisburg habe geplant, sich am Solinger Modell zu orientieren. Zusätzlich war geplant – im Gegensatz zu Solingen – auch die Grundschulen in den reduzierten Unterricht mit einzubinden.

„Die Bedingungen für einen durchgehenden Präsenzunterricht werden immer schwieriger“, so Gabi Priem. Es sei besorgniserregend, dass es keine Alternativen oder wenigstens Handlungsspielräume für die Kommunen mit hohen Inzidenzwerten gibt.

Zurzeit sind an sechs weiterführenden und acht Grundschulen in Duisburg jeweils ganze Klassen in Quarantäne. Aktuell bliebe der Stadt nur, den Unterrichtsbeginn zeitversetzt zu starten, um so eine Entzerrung in Schulbussen und auf dem Schulgelände zu ermöglichen. „Aktuell wird die Einrichtung eines zeitlich versetzten Unterrichtsbeginns zwischen 7.30 Uhr und 8.30 Uhr mit den Schulen diskutiert“, so die Stadtsprecherin. Das Fazit der Stadt: „Alleiniger Präsenzunterricht im gesamten Klassenverband kann in Pandemiezeiten nicht mehr der richtige Weg sein.“

Für eine Anpassung des Betriebs auch in den Kindertageseinrichtungen plädiert der Kita-Zweckverband im Bistum Essen, Träger der katholischen Kindergärten. Die pädagogischen Fachkräfte des Zweckverbandes fordern gemeinsam mit anderen Trägern eine Flexibilisierung des Regelbetriebs. Es müssten Lösungen gefunden werden, wie der Kita-Alltag bei krankheitsbedingten Ausfällen weiterhin funktionieren kann. Eine eng befristete Verkürzung der Öffnungszeiten oder ein Spielraum für eine Vergrößerung der Betreuungsgruppen seien denkbar.

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