Falsche Nummer, Handy aus, niemand da Duisburger Gesundheitsamt kann Dutzende Infizierte nicht erreichen

Exklusiv | Duisburg · Interne Daten der Stadt Duisburg zeigen, dass das Gesundheitsamt viele Infizierte nur schwer kontaktieren kann. Zum Teil fehlen Telefonnummern oder stimmen gar nicht. In Altenheimen kam es zu mehreren Ausbrüchen. Und: Schulen treiben die Pandemie offenbar nur kaum an.

 Ein Soldat telefoniert in einem Gesundheitsamt in NRW (Symbolbild).

Ein Soldat telefoniert in einem Gesundheitsamt in NRW (Symbolbild).

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Das Duisburger Gesundheitsamt kann Dutzende Corona-Infizierte nicht erreichen, weil Telefonnummern falsch angegeben wurden, gar nicht erst vorliegen oder die Betroffenen einfach auflegen. Allein in dieser Woche musste deshalb in mindestens 70 Fällen der städtische Außendienst des Bürger- und Ordnungsamtes (SAD) informiert werden, um die infizierten Personen schriftlich zu kontaktieren oder gleich zu Hause aufzusuchen. Das zeigen interne Daten des Gesundheitsamts, die unserer Redaktion vorliegen. Immer wieder tragen die Behördenmitarbeiter in die Akten deshalb kurze Bemerkungen wie diese ein: „Rufnummer nicht vergeben“, „Handy aus“, „Nummer nicht bekannt“ oder „Mehrfach angerufen, nicht erreicht, SAD beauftragt.“

Am Dienstag, 24. November, waren laut Angaben der Verwaltung 1219 Personen in der Stadt mit Corona infiziert. Seit Ende Oktober liegen die Zahlen in der Stadt im vierstelligen Bereich, die Sieben-Tage-Inzidenz schwankt zwischen Werten von 200 und 300. Duisburg gehört damit zu einem der Hotspots in Nordrhein-Westfalen. Auch in der ersten Welle im Frühjahr war die Stadt von der Pandemie stark betroffen, zeitweise lebten nirgendwo in NRW mehr Infizierte als in Duisburg.

Für die  lokalen Behörden heißt das: Dauerstress und mehr Arbeit, als eine Pandemie ohnehin schon verlangt. Nun wird aber klar: Auch die Bevölkerung kooperiert oftmals nicht oder unzureichend. Am Dienstag waren laut den internen Zahlen des Gesundheitsamtes von allen Infizierten rund fünf Prozent nicht zu erreichen.

Die Stadt setzt den SAD dazu ein, die Einhaltung der Corona-Maßnahmen in der Stadt zu kontrollieren. Die Beamten prüfen etwa, ob Kneipen und Fitnessstudios tatsächlich geschlossen sind, die Menschen in der Fußgängerzone Maske tragen – und, ob Infizierte und Kontaktpersonen auch wirklich in der verordneten Quarantäne bleiben. 4300 Personen wurden deshalb seit Beginn der Pandemie zu Hause aufgesucht. In 79 Fällen gab es Hinweise, dass gegen die Auflagen der Quarantäne verstoßen wurde. Sollte beim Besuch des SAD niemand die Tür öffnen, rufen die Ordnungshüter bei den Betroffenen an. Geht niemand ans Telefon, werden Nachbarn zum möglichen Aufenthaltsort befragt. Sollte der Betroffene überhaupt nicht erreicht werden, wird der Einsatz beendet. Dann wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet.

Neben Hinweisen zur telefonischen Erreichbarkeit von Infizierten liefern die Daten auch Informationen über das Infektionsgeschehen innnerhalb der Stadt – das wird von der Verwaltung regelmäßig als „diffus“ beschrieben. Eine Auswertung der Zahlen vom 24. November bestätigt diesen Eindruck. So waren die rund 1200 Infektionen am Dienstag über alle Altersgruppen nahezu gleichmäßig entsprechend der Demographie verteilt. Im Folgenden bedeutet das: 0 bis 6 Jahre: 26 Infektionen; 7 bis 10 Jahre: 22; 11 bis 18 Jahre: 87; 19 bis 25 Jahre: 140; 26 bis 30 Jahre: 92; 31 bis 40 Jahre: 153; 41 bis 50 Jahre: 172; 51 bis 60 Jahre: 193; 61 bis 70 Jahre: 99; 71 bis 80 Jahre: 76; 91 bis 90 Jahre: 92 und 91 bis 100 Jahre: 36 Infektionen.

Die Zahlen bilden lediglich eine Momentaufnahme ab und stehen nicht repräsentativ für die gesamte Corona-Situation in Duisburg. Mögliche Superspreader-Ereignisse aus der Vergangenheit werden somit nicht berücksichtigt. Ein Vergleich mit Zahlen des Statistischen Landesamts zur Altersverteilung in der Duisburger Bevölkerung zeigt nur wenige Auffälligkeiten. Dennoch lassen sich zwei Dinge beobachten. Erstens ist der Anteil der unter 18-Jährigen an den aktuellen Corona-Infizierten (rund elf Prozent) niedriger, als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung (17 Prozent). Das könnte darauf hindeuten, dass Schulen zumindest derzeit die Pandemie nicht überdurchschnittlich antreiben.

Andererseits sind prozentual etwa so viele Menschen ab 65 Jahren erkrankt, wie auch anteilig in Duisburg leben (20 Prozent). Das könnte ein Hinweis sein, dass gerade der Schutz der Risikogruppen verbessert werden könnte. Dafür spricht auch die hohe Zahl an Infektionen, die bei Bewohnern und Mitarbeitern in Alten- und Pflegeeinrichtungen zu beobachten ist (139, elf Prozent aller aktuellen Fälle, Stand: 24. November).

Informationen dazu, aus welchen Stadtteilen die Infizierten kommen, liefern die uns vorliegenden Daten nicht. Immer wieder war die Stadt mit der Vermutung konfrontiert, gerade in ärmeren Bezirken im Norden seien mehr Menschen infiziert. Beweise dafür gibt es nicht, die Stadt veröffentlicht keine Daten. Eine Beobachtung mag das aber widerlegen: Nur rund 50 von mehr als 1200 Infizierten kommen aus Haushalten von fünf oder mehr Personen.

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