Niederrhein Chronist per Pinselstrich

Niederrhein · Franz Pistorius liefert mit seinen Skizzen und Ölgemälden einen historischen Abriss von Geldern und Umgebung vor dem Zweiten Weltkrieg. Sein Können gab er als Zeichenlehrer am Gymnasium weiter.

 Franz Pistorius hat sich hier selbst gezeichnet. Das Entstehungsjahr ist nicht bekannt.

Franz Pistorius hat sich hier selbst gezeichnet. Das Entstehungsjahr ist nicht bekannt.

Foto: Stadtarchiv Geldern

In der Gelderner Stadtverwaltung hängt ein echter Franz Pistorius. Das Bild zeigt eine Allee, die auf das alte Rathaus zuführt. Davor steht die Statue von Kaiser Wilhelm. Das alles gibt es nicht mehr. Weder Rathaus, Allee noch Statue. Deswegen schätzt Gelderns Stadtarchivar Stefan Frankewitz die Bilder von Franz Pistorius vor allem wegen ihrem dokumentarischen Wert.

Das Bild, das die noch existierende Kirche St. Maria Magdalena in Geldern im Anschnitt zeigt, muss vor dem Zweiten Weltkrieg entstanden sein. Denn danach war nichts mehr wie es war, wie es das Bild zeigt. Wo einst die Statue hoch in den Himmel ragte, steht heute ein Taxistand. Gelernt hat der gebürtige Saarbrücker, geboren am 30. März 1893, an der Kunstakademie in Düsseldorf. Kurz vor seinem 80. Geburtstag, am 6. April 1973, zeigte eine Ausstellung im Niederrheinischen Museum in Kevelaer 46 seiner Werke. Am 28. Oktober 1978 starb der Künstler.

Italienische Landschaften

Aber nicht nur Geldern gab mit der Vollrathsmühle oder Schloss Haag Motive für den Zeichenlehrer, der am Kreisgymnasium Unterricht gab, und später noch im Ruhestand die Schüler des Mädchengymnasiums unterwies. Auf Reisen ließ er sich von der italienischen Landschaft inspirieren. Es entstanden Aquarelle vom Gardasee, Momentaufnahmen von Aufenthalten in Sizilien oder auf Ibiza. Ein Aufenthalt in Tunesien im Jahr 1969 ist ebenfalls als Aquarell der Nachwelt erhalten. Ein Jahr zuvor zeigt ein Ölgemälde Boote auf Ischia bei Neapel. "Was er besser konnte, als die Ölgemälde, waren die Skizzen", sagt Frankewitz. "Faszinierend, wie er mit nur wenigen Strichen eine ganze Landschaft wiederzugeben verstand, und wie bei diesen Bildern Schwarz und Weiß mit den dazwischenliegenden Grautönen zu Farben werden" heißt es im Ausstellungskatalog aus dem Jahr 1989.

"Damals kam alles, was Rang und Namen hatte", erinnert Frankewitz sich an die Ausstellung im Foyer des Verwaltungsgebäudes der Stadt Geldern. Zuvor hatte er mit der Witwe des Künstlers, Gretchen Pistorius, gemeinsam Werke ausgesucht, die um private Leihgaben für die Ausstellung ergänzt wurden. Zu sehen waren Studien und Zeichnungen, etwa Skizzen eines Kuhkopfes aus verschiedenen Positionen. Das Pistorius das für einen Zeichner nötige Auge fürs Wesentliche hat, zeigen seine Bleistiftskizzen. Darunter ist auch eine Kohlezeichnung von Alfred Deisinger, Gelderns erstem Bürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg, später Landrat des Kreises Geldern, und Nachbar des Künstlers.

Auf seinen Selbstporträts wirkt Pistorius streng, schaut dem Betrachter direkt ins Gesicht. "Er muss aber eine Frohnatur gewesen sein", wischt der Stadtarchivar Vorurteile weg. Die Fotos, auf denen er Pistorius im Kreis seines Kegelclubs gesehen hat, bezeugen das. Seine Vorliebe galt den Sonnenblumen, verriet seine Frau. Weil er die am liebsten gemalt hat, mussten im Hause Pistorius immer große Sträuße der gelbblühenden Blume stehen. Mit eines der schönsten Bilder ist ein Abbild des eigenen Gartens vom Wohnhaus auf dem Westwall. Frankewitz vermutet, das auch in vielen Gelderner Wohnzimmern noch Werke des Künstlers hängen, immerhin malte er populäre Landschaftsmotive und war in der Bevölkerung bekannt. Wer noch Bilder des Künstlers hat und mehr wissen möchte, kann sich bei Stadtarchivar Stefan Frankewitz melden.

(RP/rl)
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