Duisburg CDU und FDP attackieren Innenminister

Knapp drei Wochen nach der Katastrophe auf der Duisburger Loveparade, bei der 21 Menschen getötet und mehr als 500 verletzt wurden, gerät NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) unter Beschuss. Er "beschönige" die Rolle der Polizei und versuche, sich "aus der Verantwortung zu ziehen", so Kritiker aus CDU und FDP.

Loveparade-Tragödie: Duisburger trauern
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Loveparade-Tragödie: Duisburger trauern

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Am Donnerstag hat Jägers Ministerium die Behauptung zurückgewiesen, die Polizei sei auf der Loveparade zuständig für die Steuerung der Besucherströme zum Festivalgelände gewesen. "Die Rampe nach dem Tunnel, auf der das Unglück dann passierte, lag eindeutig in der Zuständigkeit des Veranstalters", sagte ein Ministeriumssprecher, nachdem erneut Kritik am Vorgehen laut geworden war. Die Polizei sei an dieser Stelle gemäß ihres Einsatzbefehls nur als Unterstützung der Ordnungskräfte tätig geworden, heißt es. Dabei beweisen Dokumente, dass es sehr wohl eine solche Zuständigkeit gab.

Nach Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland und Veranstalter Rainer Schaller gerät damit Jäger nach seinen wiederholten Äußerungen, die Polizei habe alles richtig gemacht, zunehmend in Erklärungsnot.

"Es gibt keinen rechtsfreien Raum"

"Der Minister versucht sich aus der Verantwortung rauszuwinden", so der FDP-Innenexperte Horst Engel zu unserer Redaktion. Die Polizei, die zur Gefahrenabwehr verpflichtet sei, habe auf das sich abzeichnende Chaos nicht angemessen reagiert. Jäger verschanze sich aber in einer "Wagenburg" mit dem Hinweis, die Verantwortung auf dem Gelände habe beim Veranstalter gelegen. Engel hält dagegen: "Es gibt keinen rechtsfreien Raum."

Auch der Rechtsexperte der CDU-Fraktion, Peter Biesenbach, wirft dem Innenminister "Beschönigung" vor. Offenbar sei Jäger noch immer nicht bereit, die Rolle der Polizei-Einsatzleitung kritisch zu hinterfragen. Anlass für den politischen Streit ist der jetzt bekanntgewordene Einsatzbefehl für die Polizei anlässlich der Loveparade, wonach die Beamten für den sicheren Zu- und Abgang der Gäste zu sorgen hätten. Ein Sprecher des Innenministeriums wies die Vorwürfe der Opposition zurück.

Internes Dokument zeigt Rolle der Polizei

Ein internes Protokoll der Polizei, das unserer Redaktion vorliegt, widerspricht der Darstellung des Innenministeriums. Aus dem Dokument geht hervor, dass die Polizei auf der Loveparade zuständig war für die Besucherströme auf der Strecke zum Festivalgelände - insbesondere als die Massenpanik auf der Zugangsrampe und im Tunnel ausbrach.

Demnach sollte die Polizei dem Veranstalter an den Einlasstellen unterstützen und Vorsperren an den Zulaufswegen (also an den beiden Tunneleingängen) errichten - aber genau das passierte nicht oder erst viel zu spät. Nach Aussage des zuständigen Crowd-Managers (engl. "crowd" für Masse") habe der im Tunnel und für die Rampe verantwortliche Einsatzleiter der Polizei sogar den Befehl gegeben, die vorgelagerten Zugangsschleusen zu öffnen - statt sie abzuriegeln.

Innenminister gerät in die Kritik

Im "Spiegel" sagte Walter zu Wochenbeginn: "Der Polizeiführer sagte - alles auf! Er war weisungsbefugt. " Zudem sei, so Walter, die Polizeikette auf der Rampe, auf der die meisten der 21 Todesopfer ums Leben kamen, viel zu weit unten aufgestellt worden, was zu einer zusätzlichen Verschärfung der Lage geführt hätte.

"Einige Polizisten haben nur zugeschaut und nicht geholfen, als die Panik ausbrach. Manche haben die Hilfsaktionen sogar behindert", behauptet Dominik Pavone (26). Der 26-Jährige war mitten drin im Gedränge und musste mit ansehen, wie neben ihm Menschen totgetrampelt wurden.

Stadt stellt Hilfsgelder bereit

Unterdessen stellt die Stadt Duisburg 500.000 Euro für Opfer der Loveparade-Tragödie bereit. Das teilte die Stadt am Donnerstagnachmittag in einer Presseerklärung mit. "Wir möchten mit unserer Beteiligung unabhängig von den klärenden Fragen der rechtlichen Verantwortung und den laufenden Ermittlungen den Menschen helfen, die durch das schreckliche Ereignis in Not geraten sind", wird Duisburgs Stadtdirektor Peter Greulich zitiert.

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