Duisburg Caritas: Migrationsberatung in Gefahr

Duisburg · Um 800 000 Euro hat der Bund die Förderung der Stellen für Migrationsberatung in den vergangenen neun Jahren gekürzt. Dabei gebe es einen stetig schleichenden Beratungsbedarf, heißt es vom Duisburger Caritas-Vorstand.

 Die Ausgangssituation der Zuwanderer ist komplex, die Migrationsberatung umfasst viele Themen.

Die Ausgangssituation der Zuwanderer ist komplex, die Migrationsberatung umfasst viele Themen.

Foto: Christoph Reichwein (REI)

Vor zehn Jahren wurde die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) als Nachfolgeprogramm aus den in den 1970er Jahren eingerichteten Bundesprogrammen "Soziale Beratung und Betreuung von Aussiedlern" und "Ausländersozialberatung" eingerichtet. Im Mittelpunkt des Beratungsangebots steht die sozialpädagogische Beratung und Begleitung von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in seinem Jahresbericht 2013 mitteilt, sind in der MBE 158 010 Beratungsfälle gezählt. Einschließlich der 81 645 mit beratenen Familienangehörigen konnten bundesweit 239 655 Personen erreicht werden - im Vergleich zu 2011 bedeutet dies einen Anstieg um 57 Prozent. Diese Entwicklung belegen auch die Zahlen aus dem Bistum Essen.

"Leider steht der Integration bundesweit und auch bei uns in Duisburg die Entwicklung entgegen, dass trotz der beeindruckenden Zahlen immer weniger beratene Menschen Transferleistungen bzw. ALG II-Leistungen erhalten", bedauert Thomas Güttner, Vorstand des Caritasverbandes Duisburg. "Diese Menschen haben kein Auskommen und somit kaum eine Möglichkeit, ihr Leben unabhängig und selbstbestimmt gestalten zu können."

Problematisch sei auch die erschwerte Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse, die die Integration erschwere. Die MBE-Stellen werden aus Bundesmitteln gefördert. "Soweit die gute Nachricht", so Güttner. Allerdings sei diese Förderung seit 2005 um rund 800 000 Euro zurückgegangen. Gleichzeitig seien jedoch die Kosten für Löhne und Gehälter sowie für Miete und Energie gestiegen: und somit auch der Eigenanteil, den die Träger aufbringen müssten.

 Anita Stiebert unterstützt und berät beim Caritasverband Zuwanderer.

Anita Stiebert unterstützt und berät beim Caritasverband Zuwanderer.

Foto: Caritasverband

"Als Caritasverband setzen wir gemeinsam mit unserem Partner, der AWO-Integrations gGmbH, in Duisburg insgesamt sieben Mitarbeiterinnen in diesem Bereich ein. In ihrer täglichen Arbeit im direkten Umgang mit den betroffenen Hilfesuchenden erleben sie unmittelbar, was dem Bundestrend entspricht: Die Nachfrage steigt - von immer mehr Zuwanderern aus immer mehr Herkunftsländern."

Integration kann und muss gelingen, so Güttner, die Zusammenarbeit zwischen AWO und Caritas sei "eng und selbstverständlich". Auch der Eigenanteil sei tragbar. Aber: "Eine schleichende Mittelkürzung bei steigender Beratungskomplexität ist nicht konsensfähig! Das gefährdet das Angebot Migrationsberatung in Duisburg existenziell."

Weiter betont Caritasvorstand Thomas Güttner: "Die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer ist ein ausgezeichneter Sensor dafür, wie Integration vor Ort funktioniert und was es für Probleme gibt. Integration ist von großem Interesse für unsere Gesellschaft, daher ist eine verlässliche und nachhaltige Finanzierung unverzichtbar."Diese sei derzeit nicht gesichert.

In Richtung der Kommunal-, Bundes- und Landespolitik appelliert er: "Wer eine Willkommenskultur fördern und gleichzeitig dem wachsenden Rechtspopulismus etwas entgegensetzen will, der muss die wichtigen Beratungsangebote angemessen fördern. Dafür müssen sich unsere Bundestagsabgeordneten hier vor Ort und in unseren Nachbarstädten einsetzen. Denn: Integration im Sinne der Migrationsberatung bedeutet auch, dass diese Menschen in Deutschland ankommen können, hier ihren Lebensmittelpunkt finden, arbeiten und Steuern zahlen." So könne auch arbeitsmarktpolitisch dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden.

Konkret geht es in der Migrationsberatung um diese Themen: Vermittlung von Sprachkursen, Anerkennung von Bildungsabschlüssen, Unterstützung bei der Wohnungssuche sowie Hilfe bei Antragsverfahren im Bereich von Krankenkassenleistungen und Kindergeld. Die Ausgangssituation der Betroffenen ist überaus komplex, das bestätigt auch Anita Stiebert, Migrationsberaterin beim Caritasverband: "Dafür müsste ich viel mehr Zeit haben."

(RP)
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