FDP-Bundestagskandidatin Charline Kappes Die Sozialliberale

Duisburg · Die Direktkandidatin Charline Kappes (27) haben wohl die wenigsten Duisburger als künftige Bundestagsabgeordnete auf dem Zettel. Das könnte ein Fehler sein. Über eine Liberale, die aus einer Stahlarbeiterfamilie stammt und sich mit der Kanzlerwahl sehr schwer tut.

 Charline Kappes (27) ist Kandidatin der FDP für den Süd-Kreis. Ihre Heimat ist Serm, das „Dorf“ im Duisburger Süden.

Charline Kappes (27) ist Kandidatin der FDP für den Süd-Kreis. Ihre Heimat ist Serm, das „Dorf“ im Duisburger Süden.

Foto: Norbert Prümen

Die Liberale steht auf Platz 24 der NRW-Landesliste der FDP – immerhin. „Elf oder zwölf Prozent würden wohl reichen“, erklärt Charline Kappes selbstbewusst. Denn inzwischen erreichen die Liberalen wieder Umfragewerte, die ein solches Ergebnis durchaus möglich erscheinen lassen. Aufgewachsen ist ist sie auf dem Dorf, in Serm. Nach dem Abitur studierte sie an der Ruhr-Universität Bochum Wirtschaftswissenschaften – und fand dort den Weg in die Politik.

„Der AStA war dort eher links orientiert. Und da habe ich mich gefragt: Vertreten die eigentlich deine Interessen?“, berichtet sie von den Anfängen ihrer politischen Karriere. So engagierte sich lieber bei den Jungen Liberalen, zog in die Studierendenvertretung ein. Gegenwind gab es von Anfang an. „Der Winter kommt – die Julis sind im AStA, hieß es. Mein Auto wurde beschmiert, ich wurde als Verräterin bezeichnet.“ Ihr Vater als Stahlarbeiter bei HKM fühlte sich indes überhaupt nicht von ihr verraten, als sie bei den Liberalen aktiv wurde – und dass ein „Arbeiterkind“ für die FDP antritt, ist für die 27-Jährige selbst ganz normal.

Später ging’s für zwei Jahre nach Berlin, als Mitarbeiterin des FDP-Bundestagsabgeordneten Roman Müller-Böhm. Danach kehrte Charline Kappes nach Duisburg zurück, wenn auch nicht wieder nach Serm. Wer mit ihr durchs „Dorf“ geht, der merkt schnell, dass sie hier aufgewachsen ist: Man kennt sich, man grüßt sich.

Charline Kappes arbeitet für ein Kölner Startup-Unternehmen im Vertrieb. Dabei geht es um IT-Sicherheit, zum Beispiel die Abwehr von Phishing-Mails. Politik bleibt ihr Hobby – aber eines, dass sie durchaus ernst nimmt.

Schließlich ist es alles andere als eine Selbstverständlichkeit für eine 27-Jährige, sich zur Bundestagskandidatin wählen zu lassen. Angst vor Veränderungen ist jedenfalls nicht ihr Ding: „Wenn ich gewählt werde, dann werde ich eben vier oder acht Jahre im Bundestag sitzen.“ Charline Kappes schreckt das nicht. Sie stellt sich gerne neuen Aufgaben und kniet sich jetzt voll rein in den Wahlkampf. Dass sie als Abgeordnete einen Schwerpunkt auf Digitalisierungsfragen legen würde, versteht sich angesichts ihres beruflichen Werdegangs von selbst.

Charline Kappes stören die Klischees einer Lobby-Partei, die der FDP immer noch anhängen. Schon gar nicht versteht sie sich als Vertreterin eines Neokapitalismus, wie ihr gelegentlich von Kritikern vorgeworfen wird. „Ich bin weitaus sozialliberaler, als viele es von einer Liberalen erwarten.“ Als erstes Kind einer Stahlarbeiterfamilie kam sie in den Genuss eines Studiums, zwischenzeitlich war sie selbst arbeitslos – und sie fährt auch keinen Porsche Cabrio, sondern einen Kleinwagen aus fernöstlicher Provenienz. Das Aufräumen mit derartigen Vorurteilen bereitet ihr sichtlich Freude.

In Wahlkampfzeiten bleibt wenig bis gar keine Zeit für Hobbys – Kochen ist aber eine ihrer Leidenschaften. Vor allem Pasta hat es ihr angetan, Fleisch ist ohnehin tabu: „Ich bin Vegetarierin.“ Auch für das Lesen bleibt momentan viel zu wenig Zeit.

Charline Kappes hat 23 Jahre im Dorf, in Serm, ihres Lebens verbracht. Sie war zwei Jahre in Berlin, wohnt in Neudorf, und ist dennoch sicher, eines Tages wieder nach Serm zurückzukehren. Doch jetzt gilt ihr Fokus erstmal der Bundestagswahl.

Eine schnelle Antwort, wer denn der beste Kanzler beziehungsweise die beste Kanzlerin wäre, fällt ihr dagegen schwer. Da muss sie doch erst einmal etwas länger nachdenken, abwägen. Am Ende würde sie sich wohl für Armin Laschet entscheiden.

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