Bundestagswahl in Duisburg Urnengang wird zum Auslaufmodell – warum das schade ist

Meinung | Duisburg · Wenn tatsächlich 100.000 Duisburger bei der Bundestagswahl ihre Stimme per Brief abgeben, wie das Wahlamt prognostiziert, dann würde die eigentliche Ausnahme Briefwahl bald zur Regel. Das ist schade. Das Ritual des Urnengangs wird damit zum Auslaufmodell.

 Die Briefwahlflut wird in Duisburg für Riesenberge an Papier im Wahlamt sorgen.

Die Briefwahlflut wird in Duisburg für Riesenberge an Papier im Wahlamt sorgen.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Der Auftritt von Annalena Baerbock auf dem Ludgeriplatz in Neudorf in dieser Woche mobilisierte vor allem das eigene Klientel. Immerhin – die Mobilisierung der eigenen Stammwählerschaft ist bei den Wahlen in der jüngsten Vergangenheit immer mehr zu einem Problem geworden. Und zwar bei fast allen Parteien. Dennoch bewegen sie sich vielfach in der eigenen „Blase“, und ein Austausch mit anderen Strömungen findet kaum statt. So waren kritische Fragen kaum zu hören, und provokante Pöbeleien am Rande von Andersdenkenden wie am Ludgeriplatz haben mit politischer Auseinandersetzung nichts zu tun.

Der Trend zur Briefwahl ist auch diesmal scheinbar nicht nur ungebrochen, sondern wird immer mehr zur Regel. Eigentlich sollte die Briefwahl dazu da sein, um zu wählen, wenn man nicht ins Wahllokal kann. Etwa, weil man erkrankt oder im Urlaub ist. Der Besuch im Wahllokal, das Kreuzchen in der Kabine, der Einwurf des Zettels in den Schlitz der Urne – es wird immer mehr zu einem Relikt vergangener Zeiten.

Das ist schade, denn dieses wahlsonntägliche Ritual war ganzen Generationen in Fleisch und Blut übergegangen. Der nächste konsequente Schritt im Zeitalter der Digitalisierung wäre dann die Online-Wahl mit dem Smartphone oder dem heimischen PC.

Viel wichtiger wäre es aber, und vor allem auch in Duisburg, wenn mehr Menschen zur Wahl gingen. Dass es bei der Bundestagswahl 2017 mehr als zwei Drittel aller Duisburger waren, die von ihrem Stimmrecht Gebrauch machten, lag wohl zu einem Großteil daran, dass auch der Oberbürgermeister zur Wahl stand und die emotional aufgeladene Entscheidung über das Designer Outlet Center fallen musste.

Umso mehr sind die Parteien gefragt, zu mobilisieren und die Menschen zu motivieren, wählen zu gehen. Hier sind Kreativität und verstärkte Kommunikation auch über soziale Netzwerke gefragt, wenn man auch jüngere Wählerschichten erreichen will. Plakate und Stände auf dem Wochenmarkt reichen da nicht aus.

Für Duisburg ist diesmal bekanntlich ohnehin mehr drin – die Zahl der Duisburger Bundestagsabgeordneten wird sich aller Voraussicht nach deutlich erhöhen. Zwei Wahlkreise bedeuten per se zwei Direktkandidaten, dazu kommen mit Felix Banaszak und Lamya Kaddor zwei Vertreter der Grünen, die aller Voraussicht über die Landesliste in den Bundestag einziehen könnten – wie auch Christian Leye von den Linken.

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