Duisburg Bühnenproduktion mit "Geschmäckle"

Duisburg · Ilja Richter war mit "Du kannst nicht immer 60 sein" zu Gast in Rheinhausen. Das Fazit des RP-Kritikers: Je länger der Abend dauerte, umso künstlerisch anspruchsloser und einfältiger wurde er.

 Ilja Richter (l.) und Ulrich Michael Heissig standen am Montagabend auf der Bühne der Rheinhausen-Halle. Ersterer spielte sich selbst, letzterer Irmgard Knef, die Zwillingsschwester der berühmten Hildegard Knef.

Ilja Richter (l.) und Ulrich Michael Heissig standen am Montagabend auf der Bühne der Rheinhausen-Halle. Ersterer spielte sich selbst, letzterer Irmgard Knef, die Zwillingsschwester der berühmten Hildegard Knef.

Foto: Oliver Fantitsch

War das am Montagabend in der Rheinhausen-Halle nun eine komödiantische Farce, eine musikalische Revue, ein Show-Spiel, eine szenische Lesung oder nur gut gemachtes Marketing für eine Buchveröffentlichung? Fakt ist: Erst war das Buch, dann die Show. Doch um was ging es eigentlich und, noch genauer gefragt, um wen? Es ging um Ilja Richter.

Alle kennen ihn und den berühmt gewordenen Spruch seiner legendären ZDF-Disco-Show aus den 1970er Jahren auch: "Licht aus — Womm! Spot an — Jaaaa!". Dieser Ilja Richter wurde am 24. November 2012 60 Jahre alt. In seinem 61. Lebensjahr schrieb er ein Buch unter dem Titel "Du kannst nicht immer 60 sein", das am 8. Mai dieses Jahres veröffentlicht wurde. Mit der Uraufführung am 3. Juli am Schauspiel Hannover gibt es nun unter demselben Titel eine Bühnenfassung, die sich seitdem auf Gastspielreise befindet. Inszeniert haben diese Ilja Richter und Ulrich Michael Heissig. Am Montag machte sie Halt in Rheinhausen.

Worum geht es in der Produktion und womit begründet sich das gewisse "Geschmäckle", das sich nach dem Besuch einstellt? Ilja Richter hat, wie im wirklichen Leben, ein Buch geschrieben. Das möchte er im Theater mit einer szenischen Lesung präsentieren. So weit, so gut. Wenn da nicht zeitgleich Irmgard Knef (alias Ulrich Michael Heissig), die Zwillingsschwester der berühmten Hildegard Knef, auf derselben Bühne ein Konzert geben wollte. Ein Dispositionsfehler des Theatermanagements war die Ursache für diesen Fauxpas. Was bleibt ist: Beide müssen sich arrangieren. Und so liest der eine und singt die andere — und umgekehrt. Dazu gibt es Musik von den "Toten Rosen". Das war's.

Neben dieser kleinen Handlung gibt es aber auch einen (überschaubaren) Inhalt, nämlich der Natur, dass vor allem über die deutsche Schlagerszene und ihre Texte hergezogen wird, so beispielsweise über Chris Roberts und seinen Titel "Du kannst nicht immer 17 sein", über Bata Illic, die "Tragöde des deutschen Schlagers schlechthin" (Richter), über Peter Alexander und Petula Clark, über Vico Torriani, den "Minimalisten in der Gesangstechnik" (Richter) und sein "Kalkutta liegt am Ganges" sowie über Jürgen Marcus.

Doch die Themenpalette ist größer: Geht es doch ums Altern, um Demenz, um Sex im Alter und um die Prostata — alles Themen, die für Menschen und die Gesellschaft von großem Interesse sind, zumindest sein können. Nur werden sie in dieser Inszenierung eher zur Lachnummer. Und der zuweilen gelungene Sprachwitz ("Ausgebotet warte ich auf Angebote") verkommt durch eine überzogene Vervielfachung zum Dauerkalauer und Zotenjäger ("Ich habe ausgefallenen Sex. Gestern ist er ausgefallen — heute auch"). Je länger der Abend dauerte, umso künstlerisch anspruchsloser und einfältiger wurde er. Das Finale mit "Der Lack ist ab" hatte dann nur noch Musikantenstadl-Niveau. Und trotzdem, und auch das gehört berichtet: Das Publikum schien größtenteils begeistert.

(reife)
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