Duisburg Borussia lässt sich nicht unterkriegen

Duisburg · Der Ruderclub Borussia Rheinhausen wird 100 Jahre alt. Am 1. Juli 1913 wurde er ins Leben gerufen. Der Verein blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Immer wieder hat er sich aufgerappelt.

Die ersten Boote, ein Gig-Zweier und ein Gig-Vierer, waren aus Zedernholz, die Bootsplanken mit Kupfernieten passgenau zusammengefügt. Gestiftet hatte sie Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, nachdem das Direktorium der Friedrich-Alfried-Hütte Rheinhausen angeregt hatte, etwas dafür zu tun, dass sich die jungen Hütten-Ingenieure und Kaufleute mehr an der frischen Luft bewegen. Auf Anhieb fanden sich zehn Ruderwillige. Die Ausbildung übernahm der kaufmännische Direktor des Werkes, Adolf Martini. Zuerst übte man die Rudertechnik in einem hölzernen Kasten auf Land, dann ging es aufs Wasser. Das waren die Anfänge des heutigen Ruderclubs Borussia Rheinhausen vor 100 Jahren.

Zur Unterbringung der Boote und des Zubehörs stellte die Friedrich-Alfried-Hütte einen Schuppen des Kutscherhofes des Werkes in Bliersheim zur Verfügung, wie in der Chronik des Vereins, verfasst von Schriftführer Reinhard Herbrig, zu lesen ist. Dieser Schuppen wurde im Laufe der Zeit in Eigenarbeit zu einem gemütlichen Bootshaus gestaltet. Selbst ein wassergefülltes Trainingsbecken für vier Ruderer konnte gebaut werden. Das schaffte die Möglichkeit, auch in den Wintermonaten zu trainieren.

In den Gründerjahren gehörten die Borussen dem Spiel- und Sportverein Borussia Friemersheim / Bliersheim als Riege an, 1914 zählte sie schon 27 Mitglieder. Doch dann kam der Erste Weltkrieg. Etliche Kameraden mussten das Rudertrikot gegen den Waffenrock tauschen, der Rudersport kam fast völlig zum Erliegen. Und dann sprachen die Besatzungstruppen nach dem Kriegsende auch noch das Verbot aus, den Rhein zu befahren. Mit der Ruderei war es also erst mal ganz zu Ende. Erst als 1924 das Verbot aufgehoben wurde, kam sie allmählich wieder in Gang. Trotz wirtschaftlicher Sorgen traf man sich wieder zum Training. Die Mitgliederzahl nahm beständig zu, 1923 und 1925 konnte man zwei neue Boote anschaffen. Auch zahlreiche Wanderfahrten gab es wieder. "Aber den jungen Heißspornen reichte das nicht", so Herbrig; sie wollten an Regatten teilnehmen. 1926 schaffte der Vorstand auf ihr Drängen ein Vierer-Rennboot an. Die Mannschaften trainierten hart und fuhren schon bald die ersten Siege ein.

"Trotz aller sportlichen Erfolge gab es einen Umstand, der den Borussen ein Dorn im Auge war", erzählt der Chronist: Die Ruderer mussten jedes Mal ihre Boote mit einem Bootswagen zirka 600 Meter weit über Land fahren und die Höhe des Deiches erklimmen, ehe sie das Ufer des Rheins erreichten und mit dem Training beginnen konnten. Deshalb baute der Verein 1934 ein Sommerbootshaus auf Stelzen im Vorflutgelände.

Als 1939 der Zweite Weltkrieg begann, wurden erneut viele Kameraden zum Kriegsdienst gerufen — einige kamen nicht wieder zurück. Das Bootshaus wurde im letzten Kriegsjahr von der Wehrmacht als Flugabwehrstellung zweckentfremdet. Als die alliierten Truppen immer näher rückten, suchten die Kanoniere das Weite: Sie wollten auf die rechtsrheinische Seite, wozu sie die Boote der Borussia als Fluchthilfe nutzten. "Natürlich waren die Boote danach nicht mehr auffindbar", so Herbrig.

Ende 1940 meldete die Verwaltung der Friedrich-Alfried-Hütte an, dass sie den Bereich, in dem auch das "Scheunen-Bootshaus" lag, für die Erweiterung ihrer Betriebsstätten benötigte. Und so musste der Verein mit Sack und Pack das Gebäude verlassen und sich im Sommerbootshaus einrichten. Auch der Zufahrtsweg durch die Werksanlagen zum Bootshaus am Rhein wurde untersagt. Die Ruderer waren also gezwungen, den langen Weg über Friemersheim-Dorf durch die Rheinauen via Kuppengraben rheinabwärts zu nehmen. Zu dieser Zeit hatten nur wenige ein Auto, also musste der Weg mit dem Fahrrad oder zu Fuß bewältigt werden.

Nach dem Krieg lag das Bootshaus in Trümmern. 1948 begann man zaghaft mit dem Wiederaufbau, bald konnte man den Ruderbetrieb mit einem Boot wieder aufnehmen. Doch dann kam Ende 1957 / Anfang 1958 der nächste Schlag: Die jetzige Krupp Stahl AG erweiterte erneut ihre Anlagen und benötigte dafür den Standort des Bootshauses. Als Ersatz wies man dem Verein einen Platz in Hochemmerich an der Fährstraße zu. Ende 1958 wurde das neue Bootshaus feierlich eingeweiht — und noch heute nennen die Borussen es ihr Eigen. Zudem besitzt der Verein eine gut gepflegte Bootsflotte, einen geräumigen Mannschaftsbus und einen Bootstransportanhänger für fünf Boote. Nach allem, was im vergangenen Jahrhundert geschehen ist, können die 100 treuen Mitglieder sehr stolz darauf sein.

(RP/gre)
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