Binnenschiffer in Duisburg „Wir dürfen Schiffe nur noch zur Hälfte beladen“

Duisburg · Wer in diesen Tagen mal Frachtschiffe auf dem Rhein beobachtet, könnte sich wundern, wie viel Fläche er sehen kann von dem Schiff. Das liegt daran, dass die Ladung viel leichter ist als sonst. Verantwortlich hierfür ist gewissermaßen Petrus.

Der Rhein in Duisburg bei Niedrigwasser. (Archivfoto)

Der Rhein in Duisburg bei Niedrigwasser. (Archivfoto)

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Die Trockenheit schränkt das Geschäft der Frachtschiffe auf dem Rhein und anderen Flüssen in Deutschland stark ein. „Wir dürfen nur noch etwa 50 Prozent der Menge transportieren, die wir transportieren könnten“, sagte der Vorstand der Deutschen Transport-Genossenschaft Binnenschifffahrt, Roberto Spranzi, der dpa in Duisburg. Die Pegelstände der Flüsse sind derzeit niedrig. Durch die geringere Ladungsmenge sind die Schiffe weniger schwer und nicht so tief im Wasser. Die Kapazitäten sind also reduziert, die Nachfrage ist aber hoch. „Wir sind ausgebucht“, so Spranzi. Schweres Frachtgut sind zum Beispiel Chemikalien, Kies und Rohstoffe wie Kohle.

Da Deutschland wegen der Gaskrise wieder verstärkt auf Kohlekraftwerke setzt, ist die Nachfrage nach Kohle deutlich gestiegen. Das merken auch die Reeder. Die Versorgung mit Frachtgut über Schiffe ist aus seiner Sicht noch sichergestellt. Aber die Lage sei angespannt, zumal keine großen Regenfälle in Sicht seien. Ein Lieferstopp droht nach einer Einschätzung aber längst noch nicht - „das wird zwar eng, aber die Schiffe werden weiterfahren“.

Ein Teil der Binnenschiffe, die üblicherweise auf deutschen Flüssen fahren, ist derzeit in Europa in den Transport von ukrainischem Getreide eingebunden. „Das hat die Frachtkapazitäten hierzulande spürbar verknappt“, sagt Spranzi, dessen Genossenschaft mehr als 100 Schiffe hat.

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Der ebenfalls in Duisburg ansässige Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) spricht von einer „enorm hohen Nachfrage nach Schiffsraum“, etwa für Kohle, Container und Getreide. Diese Nachfrage balle sich nun wegen der Getreidetransporte und des Wiederhochfahrens der Kohlekraftwerke. „Deshalb kann es passieren, dass nicht jeder Kunde in dem Umfang bedient werden kann, wie er es sich wünscht“, sagt Verbandsgeschäftsführer Jens Schwanen. Das führe „zu einer gewissen Verschärfung der Situation, die durch das Niedrigwasser ohnehin bereits gegeben ist“.

Wenn Binnenschiffer weniger Frachtgut laden dürfen als sie können, werden sie in der Regel nicht wesentlich schlechter bezahlt. „Die geringere Abladung wird kompensiert durch den sogenannten Kleinwasserzuschlag“, erklärt Branchenvertreter Spranzi. Dieser Zuschlag werde bei gewissen Pegelständen fällig - „und das kompensiert zu großen Teilen den Verlust“, sagt er. „Für die Firmenkunden heißt das: Sie bekommen weniger Ware und die ist teurer.“

Das Niedrigwasser treibt auch den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) um. „Die deutsche Industrie sieht die Gefahr, dass die niedrigen Pegelstände die Kapazitäten in der bereits hoch ausgelasteten Binnenschifffahrt weiter verknappen“, teilte der BDI am Mittwoch mit. Die Lage könne sich rasch zuspitzen, auch wenn die Versorgung der Industrie über die Wasserstraßen noch sichergestellt sei. „Erste Pegelstände im Rhein liegen bereits unter dem Niveau des Extremniedrigwasserjahrs 2018.“ Damals hatte das Niedrigwasser die Geschäfte von Unternehmen belastet, da Flüsse wie der Rhein als Transportweg nur eingeschränkt nutzbar waren. „Die Binnenschifffahrt braucht für kommende Trockenperioden einen Krisenresilienzplan und für Niedrigwasser geeignete Schiffe“, forderte der BDI.

(albu/dpa)
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