Duisburg Berührende Geschichten aus dem Gerichtssaal

Duisburg · Sabine Thomas, Rechtsanwältin und Autorin aus Rheinhausen, hat einen Erzählband mit 16 Kurzgeschichten veröffentlicht.

 Sabine Thomas arbeitet als Fachanwältin für Familienrecht in einer Rechtsanwaltskanzlei in Rheinhausen.

Sabine Thomas arbeitet als Fachanwältin für Familienrecht in einer Rechtsanwaltskanzlei in Rheinhausen.

Foto: mengede

Eigentlich ist Sabine Thomas Rechtsanwältin — und das schon seit 30 Jahren. Doch Literatur und Lesen waren schon immer ihr Ding. Bereits mit fünf Jahren konnte sie lesen und sie liebte es, in der Schule laut vorzulesen. Kein Wunder, war ihre Mutter doch gelernte Buchhändlerin. Sabine Thomas liest gerne Lyrik von Mascha Kaléko, liebt den poetischen Realismus Theodor Fontanes, insbesondere seine Frauendarstellungen, und interessiert sich vor allem — wie sie es ausdrückt — für "Geschichten, die hinter einem Fall stehen".

Und so kommt es nicht von ungefähr, dass ihre 16 Kurzgeschichten in ihrem Erzählband "Und konnten es einfach nicht fassen" nicht nur berührende Geschichten aus dem Leben sind, sondern aus realen Begegnungen mit Mandanten oder aus dem Gerichtssaal stammen, die, anonymisiert und literarisch fiktiv angereichert, von einschneidenden Lebensereignissen berichten. Dabei schreibt die Rheinhauserin ihren Prosatext als Ich-Erzählerin episch beschreibend aus Sicht einer Anwältin. "Alles andere", meint die Juristin, "wäre nicht redlich."

Thomas, Jahrgang 1955 und in Schleswig geboren, war ein "schulischer Überflieger". Sie ging nur elf Jahre lang zur Schule, machte bereits mit 17 ihr Abitur — mit einem Einser-Abschluss. Ihr Vater, ein gelernter Schneider, legte ihr das Jurastudium nahe. Eigentlich wollte sie in den Öffentlichen Dienst, wollte Richterin werden, doch es kam anders: Mit 28 Jahren ging die Volljuristin in die Selbstständigkeit und war zunächst als Anwältin, unter anderem auch ehrenamtlich für das Oberhausener Frauenhaus, tätig. Aus dieser Arbeit ergab sich ihr Schwerpunkt Familienrecht. Seit 2010 arbeitet sie als Fachanwältin für Familienrecht in einer renommierten Rechtsanwaltskanzlei in Rheinhausen.

"Familienrecht zu machen ohne Empathie", sagt Thomas, "ist unmöglich. Empathie erst öffnet die Tür des anderen." Diese Tugend ermöglicht es ihr, in den anderen hineinzuschauen und einen Blick auf den "Fall hinter dem Fall" zu werfen. Die Geschichten ihres Erstlingswerkes handeln "von Menschen", heißt es im Klappentext des Buches, "die verkraften müssen, dass ihre Träume zerbrochen, ihre Lebensentwürfe gescheitert sind. Die aber auch erfahren, dass ein Ende ein neuer Anfang sein kann und das Schicksal manchmal unerwartete Pointen setzt".

Von Ersterem handelt die Novelle "Die Liebende", bei der ein Grillunfall die Ehe und Liebe wie das ganze Leben einer jungen Frau in die Katastrophe führt, sie schließlich doch aber Frieden mit sich selbst und der Außenwelt findet; von Zweitem handelt die Geschichte "Sprünge", in der ein Vater nach der Trennung von seiner alkoholkranken Frau seine Tochter nicht mehr sehen darf, dieser es aber durch eine Raffinesse gelingt, den Kontakt zu ihm wieder- herzustellen.

Die Inhalte von Thomas' Geschichten zeichnen sich aus durch hohe Sachkompetenz und großes Engagement, die "wahren" Hintergründe der Ereignisse zu beleuchten. Während viele sich in ihren Texten eine Bewertung der Vorgänge wünschen, lehnt sie dies ab. Thomas: "Ich teile die Sehnsucht nach Bewertung nicht, wohl aber will ich zu einem vollständigen Bild kommen. Meine Haltung zu den Vorgängen in meinen Geschichten ist humanistisch geprägt, nicht moralisch." So bleiben die Inhalte authentisch und frei von Wertung.

(RP)
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