Problemkind in Duisburg BDI-Chef blockiert Bau von Outletcenter
Duisburg · Der Abstand zwischen Ulrich Grillos Chemiewerk und dem geplanten Einkaufszentrum in Duisburg ist zu gering. Industrieverband-Chef Grillo pocht derweil auf den Bestandsschutz für sein Werk – das Millionenprojekt wackelt.

Das geplante Outlet-Center in Duisburg - eine Chronologie
Der Abstand zwischen Ulrich Grillos Chemiewerk und dem geplanten Einkaufszentrum in Duisburg ist zu gering. Industrieverband-Chef Grillo pocht derweil auf den Bestandsschutz für sein Werk — das Millionenprojekt wackelt.
Immer öfter sieht man in diesen Tagen die dunkelgrünen Lastwagen einer Speditionsfirma in die Zinkhüttensiedlung in Duisburg-Hamborn fahren. Die Spediteure und Möbelpacker kommen, um den Anwohnern beim Auszug aus ihren Wohnungen zu helfen. Jedenfalls denen, die bereit sind, wegzuziehen. Und das werden wöchentlich mehr. "Rund zwei Drittel der Mieter sind bereits umgezogen oder haben einem Umzug zugestimmt", sagt Barbara Vogt, Sprecherin der Douvil GmbH, dem Entwickler des Factory Outlet Centers (FOC) in Duisburg.
Etwa 150 der gut 400 Wohnungen der Siedlung sind noch bewohnt. Diese Mieter verhindern den Bau des zweitgrößten Shopping-Centers für Fabrikverkäufe in Europa im Weg. Denn Siedlung und Halle müssen für das Millionenprojekt eines niederländischen Investors abgerissen werden. "Wir arbeiten daran, dass wir mit den verbliebenen Menschen bald eine für beide Seiten vertretbare Einigung finden werden", sagt Vogt. Selbst wenn das gelingen sollte, droht das geplante Einkaufszentrum womöglich an Ulrich Grillo und einer Abstandsregel der Störfallordnung für Industriebauten zu scheitern. Das Chemiewerk des mächtigen Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) steht fast direkt neben dem Gelände, auf dem das Shopping-Center errichtet werden soll.
"Diese Empfehlung ist vernünftig"
Die Richtlinie der Bundeskommission für Anlagesicherheit (KAS 18) empfiehlt, dass aus Sicherheitsgründen zwischen dem Grillo-Werk und dem geplanten Outlet-Center ein Abstand von 826 Metern eingehalten werden sollte, da auf dem Gelände des Chemiewerks Fässer mit Schwefeldioxid unter freiem Himmel gelagert werden. "Diese Empfehlung ist vernünftig, denn wir tragen Verantwortung für die Sicherheit der Menschen in unserer Nachbarschaft", sagt Christian Ohm, Vorstand der Grillo-Werke. Dieser Abstand werde deutlich unterschritten. "Deswegen befinden wir uns im Gespräch mit der Stadt Duisburg. Wir arbeiten daran, die Fakten zusammenzutragen, um ein klares Bild von der Sach- und Rechtslage zu bekommen", betont Ohm.
Der letzte große Zwischenfall am Grillowerk liegt erst fünf Jahre zurück. Am 9. April 2008 war beim Befüllen eines Transportbehälters Schwefeldioxid ausgetreten. Rund 20 Mitarbeiter wurden damals durch die ätzenden Dämpfe verletzt. 200 Anwohner mussten ihre Häuser verlassen.
Kritiker unterstellen Grillo, der zu Jahresbeginn Hans-Peter Keitel (65) als BDI-Chef abgelöst hat, die Abstandsregel zu restriktiv auszulegen. Denn laut Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) gebe es durchaus die Möglichkeit, diese Richtlinie zu lockern, wenn ausreichend Zufahrten für Rettungsfahrzeuge vorhanden wären und das Bauvorhaben von großer Bedeutung für die jeweilige Kommune wäre. Der Investor hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das belegen soll, dass ein Sicherheitsabstand von 800 Metern nicht nötig sei. Mit einem Ergebnis der Untersuchungen wird in den nächsten Tagen gerechnet. "Doch selbst wenn der Radius deutlich kleiner ist, liegt das Outletcenter noch in diesem Bereich. Das Werk ist zu nah dran ", sagt Projektleiter Frank Lompa, der sich mit Ulrich Grillo an einen Tisch setzen will, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Dafür müsste Grillo jedoch bereit sein, einen Teil seiner Chemikalien anders zu lagern. Der BDI-Chef erklärte, dass er die Ansiedlung des Outletcenters begrüße, aber gleichzeitig auf dem Bestandsschutz seines Werks bestehe.
Eigentlich sollte das Outlet-Center bereits Ende dieses Jahres eröffnet werden. Doch durch den nun bald zwei Jahre andauernden massiven Protest einiger Anwohner, die nicht wegziehen möchten, konnte bis heute nicht mit den Bauarbeiten und dem Abriss der Siedlung begonnen werden. Laut Investor verschiebt sich die Eröffnung nun mindestens um ein Jahr — wenn es eine Einigung mit Grillo und den Mietern gibt.