Duisburg/Düsseldorf Bauskandal: Sauerland vor Kreuzverhör

Duisburg/Düsseldorf · Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss will den Duisburger Oberbürgermeister noch im März vorladen. Zusammen mit dem ehemaligen Kultur-Staatssekretär Hans-Heinrich Große-Brockhoff soll er auffällige Lücken in den Akten erklären.

 Der Platz von Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) im Ratssaal in Duisburg.

Der Platz von Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) im Ratssaal in Duisburg.

Foto: Volker Hartmann

Neben dem ehemaligen Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Große-Brockhoff (CDU) soll sich auch der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) noch im März vor dem BLB-Untersuchungsausschuss verantworten. Die Abkürzung BLB steht für den landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetrieb.

Duisburg/Düsseldorf: Bauskandal: Sauerland vor Kreuzverhör
Foto: dapd, Sascha Schuermann

Der Landtag will von den beiden Zeugen Aufklärung darüber verlangen, warum die Entscheidungsprozesse zum Skandal-Neubau des Landesarchivs am Duisburger Innenhafen so lückenhaft dokumentiert sind. Sind wichtige Dokumente verschwunden? Mit ihrer Stimmenmehrheit im Untersuchungsausschuss wollen SPD, Grüne und Linke diesen Fahrplan heute bei einem Treffen der Ausschuss-Obleute durchdrücken.

Auf der Ausschuss-Sitzung am kommenden Freitag soll dann die "schnellstmögliche" Vernehmung von Große-Brockhoff und Sauerland beschlossen werden, wie aus dem NRW-Regierungslager verlautet. Die Ladungsfrist für Zeugen beträgt vier Wochen. Nach einem Bericht des Landesrechnungshofes hat der BLB beim Bau des neuen Landesarchivs in Duisburg "in massiver Weise gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen".

Als Erklärung für die um mehr als das Dreifache über Plan liegenden Kosten halten die Rechnungsprüfer "sachfremde Interessen" für möglich — mit anderen Worten: Korruption. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal ermittelt gegen über ein Dutzend Beschuldigter wegen des Verdachts der Bestechlichkeit, Untreue und des Geheimnisverrats. Unter anderem, weil das Land sich das ausgeguckte Grundstück in Duisburg in letzter Sekunde vor der Nase hat wegschnappen lassen, um es dann wesentlich teurer aus dritter Hand zu kaufen.

Warum wich der BLB nicht auf ein anderes Grundstück aus? Warum hat die Stadt Duisburg dem BLB bei der Grundstücksbeschaffung nicht besser geholfen? Zum Beispiel über das faktische Vorkaufsrecht, das die städtische Hafen-Tochter bei dem Hafen-Grundstück hatte? "Wir wollen mit einem Paukenschlag beginnen", begründete am Sonntag ein Parlamentarier aus dem Regierungslager, warum der BLB-Untersuchungsausschuss gleich zu Beginn möglichst prominente Zeugen in den Ring schicken will.

SPD, Grüne und Linke wollen von Sauerland und Große-Brockhoff wissen, wo die Unterlagen geblieben sind, die zur Aufklärung des Landesarchiv-Skandals beitragen könnten: Gesprächsprotokolle, Schriftwechsel und Verwaltungsvorlagen, die belegen, dass die Entscheider gute Gründe hatten, an dem ausgeguckten Grundstück trotz des verpatzten Erwerbs aus erster Hand festzuhalten. Und dass sie kostengünstigere Alternativen gewissenhaft geprüft haben.

Aber solche Unterlagen scheinen nirgends zu finden zu sein. Selbst der Landesrechnungshof beklagt Aktenlücken: "Die schlichte Behauptung des BLB NRW, die Standortentscheidung für den Neubau des Landesarchivs sei rein sachlichen Kriterien gefolgt, kann der BLB NRW in Ermangelung einer nachvollziehbaren Dokumentation nicht belegen", heißt es in einem Bericht. Nach einem vertraulichen Dokument aus dem NRW-Finanzministerium, das unserer Redaktion vorliegt, wurde der Erwerb des umstrittenen Innenhafen-Grundstücks am 31. Januar 2007 "in einer Besprechung in der Stk [Staatskanzlei, Anm. d. Red.] zwischen der Stadt Duisburg und dem BLB NRW vereinbart". Teilnehmer des Gespräches waren unter anderem Sauerland und Große-Brockhoff.

Laut Landesrechnungshof wurde da die Entscheidung getroffen, das Landesarchiv auf besagtem Grundstück zu errichten. Große-Brockhoff ließ dies später gegenüber dem Landesrechnungshof dementieren. Bei diesem Termin habe es keine "wesentlichen Entscheidungen" gegeben, deshalb habe es auch keiner Protokollierung des Gespräches bedurft.

Nach Auffassung des Landesrechnungshofes "ist eine Rekonstruktion des Abwägungsprozesses zwischen allen infrage kommenden Standorten anhand der bislang vorliegenden Belege nicht möglich." Vor dem Untersuchungsausschuss hätten Große-Brockhoff und Sauerland nun also Gelegenheit, diese Belege nachzureichen.

(top/jco/rl)
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