Duisburg Bauchklang ohne Klischees

Duisburg · Kaum ein Musikgenre hat in den vergangenen Jahren so umwälzende Neuerungen erlebt wie die A-cappella-Musik. Die Zeiten, in denen Bands wie die Flying Pickets oder die Prinzen dafür bestaunt wurden, dass sie allein mit ihren Stimmen vollwertige Popmusik machten, sind lange vorbei.

Ein Manko der ausschließlich gesungenen Musik war stets ihre Beschränktheit, eignete sie sich zwar bestens für Melodien und Harmonien, war aber rhythmisch äußerst limitiert. Mit dem Aufkommen der Vocal Percussion und des Human Beatboxing, bei dem mit Mund und Rachen komplexe Schlagzeugrhythmen perfekt imitiert werden, haben A-cappella-Gruppen sich neue Musikfelder erobert, bei denen der Groove die Hauptsache ist.

Zu den erstaunlichsten Bands in diesem Zusammenhang gehört das österreichische Quintett Bauchklang, das mit allen A-cappella-Klischees gründlich aufräumt. Ob elektronische Beats, dröhnende Bässe, Maschinengeräusche oder Hall- und Echoeffekte – den Klängen, mit denen die fünf Stimmkünstler aus Sankt Pölten zwischen Dub, Elektro, Hip Hop und Techno ein faszinierendes Gebräu zusammenmischen, ist ihre vokale Herkunft nur noch entfernt anzumerken. Ihre aktuelle CD "Signs" von 2010 ist dabei der bisherige Höhepunkt der erfolgreichen Suche nach elektronischer Musik mit menschlichem Antlitz.

Gastauftritte der amerikanischen Poetin und Spoken-Word-Künstlerin Ursula Rucker und der französischen Rapper Tez und Rouda runden den Eindruck ab und sorgen für internationales Flair. Wenn die CD überhaupt einen Haken hat, dann diesen: Die Platte ist einfach zu perfekt. Wenn man beim Hören immer wieder vergisst, dass es sich ausschließlich um Stimmen handelt, dann stellt sich die Frage, ob man nicht ebenso gut handelsübliche, mit Instrumenten produzierte Dub- und Elektronikmusik hören könnte.

Live verspricht Bauchklang jedoch, ein faszinierendes Erlebnis und möglicherweise einer der denkwürdigen Höhepunkte der Traumzeit 2011 zu werden. Mit Musik, die selbst Besucher begeistern kann, die sonst wenig für Elektronik und Dance Music übrig haben. GUIDO DIESING

(gds)
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