Duisburg Ausstellung über Lehmbrucks Mäzen

Duisburg · Salomon Falk hat als reicher Mann Wilhelm Lehmbruck in seinen letzten Lebensjahren mit einer Monatsrente vor der Armut bewahrt.

 Jörg Mascherrek mit Porträtbüsten von Adele und Sally Falk.

Jörg Mascherrek mit Porträtbüsten von Adele und Sally Falk.

Foto: crei

Schade, dass wir nicht mehr über Salomon Falk wissen! Aber was über den Mann überliefert ist, reicht aus, um ihm einen wichtigen Platz im Leben von Wilhelm Lehmbruck (1881 - 1919) und damit in der Kunst des 20. Jahrhunderts einzuräumen. Möglicherweise ist es Salomon (genannt Sally) Falk zu verdanken, dass Lehmbruck jenen Stellenwert in der Kunstgeschichte einnimmt, den er heute besitzt. Eine Studio-Ausstellung im Lehmbruck-Museum macht unter dem Titel "Ein Künstler und sein Mäzen" mit Sally Falk bekannt.

Im Jahr 1915, also zu Beginn des Ersten Weltkriegs, lernte Wilhelm Lehmbruck den Mannheimer Textilfabrikanten und Kunstliebhaber Sally Falk kennen. Während Lehmbruck in dieser Zeit nahezu mittellos war, profitierte Falk vermutlich vom Krieg, schließlich mussten Tausende Soldaten eingekleidet werden. Falk war gut im Geschäft. Seine jüdischen Wurzeln (er galt nach dem späteren Nazi-Jargon als "Halbjude") spielten bei den Geschäften damals offenbar keine Rolle.

 Adele Falk (sitzend) mit Anita Lehmbruck und den drei Lehmbruck-Söhnen in Arosa, 1917/18.

Adele Falk (sitzend) mit Anita Lehmbruck und den drei Lehmbruck-Söhnen in Arosa, 1917/18.

Foto: E. Gradtke

Sally Falk war von Lehmbrucks Arbeiten fasziniert. Beide trafen eine Vereinbarung, die damals vor allem Lehmbruck zugutekam: Sally Falk zahlte Wilhelm Lehmbruck eine monatliche Rente. Im Gegenzug durfte er sich Werke des damals noch nicht so bekannten Künstlers für seine Privatsammlung aussuchen. Nicht nur das: Sally Falk setzte sich mit Erfolg dafür ein, dass Wilhelm Lehmbruck eine Einzelausstellung in der Mannheimer Kunsthalle bekam. Es wurde die größte Einzelausstellung, die Lehmbruck zu seinen Lebzeiten bekam. Bekannt ist, dass Falk bereits im Jahr 1917 mit knapp 100 Werken die größte Lehmbruck-Sammlung weltweit besaß. Sally Falk unterstützte Lehmbruck bis zu dessen Freitod.

Jörg Mascherrek vom Lehmbruck-Museum hat für die Studio-Ausstellung die Fakten, die bis heute über den Mäzen bekannt sind, zusammengetragen: Sally Falk wurde 1888 in Heilbronn geboren und zog mit der Familie einige Jahre später nach Mannheim. Der väterliche Betrieb für Baumwollstoffe wuchs im Zuge der Industrialisierung der Stadt und wurde zu einem florierenden Unternehmen.

Im Jahr 1914 starb der Vater, und Sally Falk übernahm das Unternehmen, zunächst zusammen mit seiner Mutter, ab 1916 war er alleiniger Inhaber. Er wurde offenbar ein reicher Mann. Jedenfalls zog er mit seiner Frau Adele in eines der vornehmsten Stadtteile in ein großes Wohnhaus, dessen Wände sich in kurzer Zeit mit den Werken von Künstlern füllten, die heute zu den größten des 19. und 20. Jahrhunderts gehören. Aufgelistet werden Arbeiten von Cézanne, van Gogh, Munch, Gauguin, Kokoschka, Degas, Renoir, El Greco, Marc, Feininger, Chagall, Picasso, Boccioni und George Grosz. Letztgenannter wurde von Falk auch für ein Jahr finanziell gefördert, doch lehnte Grosz einen ähnlichen "Deal" wie den zwischen Lehmbruck und dem Unternehmer ab.

Sally Falk sammelte Kunst, die ihm gefiel. In einem Brief an den Museumsdirektor von Mannheim schrieb er 1918: "Wir Sammler müssen zu diesen Dingen ganz anders als Kunstgelehrte stehen, für uns zählt das Kunstwerk zu den größten Erlebnissen. Andererseits ist es selbstverständlich, dass Menschen, die sich um Kunstwerke bekümmern, sich gegenseitig über ihre Betrachtungen aussprechen, was aber noch nicht bedeutet, dass der eine der Lehrer des anderen sein soll."

Wie der Lebensweg des Ehepaars Falk, das kinderlos blieb, weiter verlief, ist bislang nur bruchstückhaft bekannt. 1920 wanderten die Falks in die Schweiz aus, wohl auch, um Forderungen der Finanzbehörden aus dem Wege zu gehen, wie Mascherrek vermutet. Damals verkaufte Sally Falk auch einen Teil seiner Kunstsammlung an das Mannheimer Museum.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten Sally und Adele Falk ziemlich mittellos nach Mannheim zurück, wo man sie offenbar finanziell unterstützte - womöglich als Ausgleich für die 1920 erworbene Kunstsammlung, deren Wert nach dem Krieg enorm gestiegen war. Ein Teil der ehemaligen Falk-Werke ging auf Wegen, die nicht bekannt sind, wohl auch in Besitz der Familie Lehmbruck über und damit letztlich in den Besitz des Lehmbruck-Museums. Dort sind nun im Lehmbruck-Trakt jene Werke zu sehen, die sich einst im Besitz von Sally Falk und seiner Frau Adele befanden - ein Teil als Original, ein anderer Teil als Nachguss.

Sally Falk starb 1962, seine Ehefrau im Jahr darauf.

(pk)
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