Ausstellung in Duisburg Abwesenheitsnotizen von Schiller und Co.
Duisburg · Manhardt Barthelmie zeigt ab dem 12. Juni in seinem Kunstraum in Duisburg fotografische Arbeiten von Anja Bohnhof und Karen Weinert, die lauter leergeräumte Räume zeigen, in denen einst unsere Klassiker und andere Genies gelebt hatten.
So eine Abwesenheitsnotiz ist schnell verfasst. Man wählt einen Satzbaustein aus, ergänzt diesen durch ein Datum, klickt noch ein- oder zweimal und fertig ist die Mitteilung, dass man vorerst computerfrei ist beziehungsweise Urlaub vom Büro nimmt. Die Abwesenheitsnotizen, die die beiden Fotografinnen Anja Bohnhof und Karen Weinert mit ihren Kameras inszeniert haben, verlangten dagegen einen erheblichen Aufwand.
Im Verlauf von elf Jahren haben die beiden die einstigen Wohn- und Wirkungsstätten von Literaten, bildenden Künstlern, Komponisten, Musikern und anderen Genies der jüngeren Menschheitsgeschichte aufgesucht. Gemeinsam ist diesen Räumen, dass sie zum einen heute Gedenkstätten beziehungsweise Museen geworden sind. Zum anderen hat das Fotografinnen-Duo diese Räume erst dann abgelichtet, als diese gänzlich leergeräumt waren. Im Kunstraum des Zahnarztes Manhardt Barthelmie an der Königstraße 61 (Mercatorhaus, Innenstadt) sind nun insgesamt 24 dieser ungewöhnlichen fotografischen Arbeiten zu sehen. Für den kommenden Samstag, 12. Juni, ab 17 Uhr, lädt Manhardt Barthelmie zur Eröffnung der Schau ein. Die beiden renommierten Fotokünstlerinnen werden dabei anwesend sein.
Als Betrachter der Fotografien kommt man durchaus ins Sinnieren, wenn man nun die von sämtlichen Einrichtungsgegenständen „befreiten“ Räume sieht, in denen einst Schiller, Beethoven, Wilhelm Busch, Otto Dix, Hermann Hesse, Joseph Haydn, Bertolt Brecht, Annette von Droste-Hülshoff oder Albert Einstein gelebt hatten. Da erinnert nichts Konkretes an die einstigen Bewohner. Der Blick auf die Heizkörper, Rauchmelder, Überwachungskameras, Hinweisschilder oder auch auf die Fußspuren der Touristen zeigt lediglich, dass zwischen der Lebenszeit von Schiller und Co. und unserer Gegenwart viel geschehen sein muss. Man fragt sich unwillkürlich, ob, um ein Beispiel zu nennen, noch eine Art Aura beschworen werden kann angesichts des leergeräumten Zimmers in der Eisenacher Burgvogtei, in der vor 500 Jahren Luther die Bibel ins Deutsche übersetzte. Die beiden Fotografinnen stellen mit ihren seriellen Arbeiten keine Thesen auf, vielmehr stellen sie nur Fragen wie: Was erkennt man auf einem Foto, das einen leeren Raum abbildet? Ist da überhaupt noch etwas von einer Lebensgeschichte ablesbar? Kann man von einem entleerten Raum überhaupt noch auf den schließen, der hier museal geehrt werden soll?
Diese Fragen werden vermutlich höchst unterschiedlich beantwortet werden. Gleichgültig lässt einen die Ausstellung aber in keinem Fall. Allein schon die Art und Weise, wie hier der übliche Personenkult in Frage gestellt wird, machen diese „Abwesenheitsnotizen“ zu einem gedanklich-kulturellen Ereignis.
Die Ausstellung „Abwesenheitsnotizen“ entstand auf Einladung des Festivals f2, das in diesem Jahr erstmals auch außerhalb von Dortmund veranstaltet wird, wo es 2017 gegründet wurde.
Die Ausstellung kann bis zum 15. August nach einer Voranmeldung montags, dienstags, donnerstags, jeweils von 14 bis 17 Uhr kostenlos nach Voranmeldung unter Tel. 0203 93420025 besichtigt werden. Näheres im Internet unter www.dr-barthelmie.de.