Duisburg Auf der Suche nach dem Frühling

Duisburg · Sonnenschein und hohe Temperaturen zogen am Wochenende tausende Duisburger ins Freie. RP-Mitarbeiter Tim Harpers hat sich ebenfalls auf den Weg gemacht, um den frühen Frühling aufzuspüren.

Duisburg: Auf der Suche nach dem Frühling
Foto: Andreas Endermann

Der Samstag beginnt ungewöhnlich früh. Der Wecker klingelt um 7 Uhr. Ich quäle mich aus dem Bett, ziehe mich an, wanke schlaftrunken die Treppe herunter und verlasse das Haus. Meine Laune könnte besser sein, doch wirklich genervt bin ich nicht. Arbeit geht schließlich vor — eine Geschichte über den unerwarteten Frühlingseinbruch. Mir fehlt bloß eine zündende Idee. "Blumen? Nein, zu einfallslos", denke ich mir. "Landschaftspark, Biergärten oder Zoo? Alles schon bekannt."

Beim Bäcker angekommen, ringe ich um Fassung. Die Schlange vor der Brötchentheke ist so lang, wie ich es noch nie gesehen habe. Eine ältere Dame bemerkt meine Verwirrung: "Tja, junger Mann", meint sie sichtlich amüsiert. "Wieso gucken sie so? Es ist der erste Frühlingstag. Da sind die Leute alle früh auf den Beinen." Meine Reaktion: betretenes Schweigen. Die Dame wird schon wissen, wovon sie spricht.

Nachdem ich meine Brötchen bekommen habe, mache ich mich auf den Heimweg. Ein kleines Frühstück und den ersten Kaffee des Tages, das brauche ich jetzt. Derart gestärkt wird mir bestimmt etwas einfallen. Mittlerweile ist es 10 Uhr. Ich habe noch immer keine Idee. Langsam fange ich an, mich zu ärgern. Ich sitze auf unserem kleinen Balkon und lasse mir von den ersten warmen Sonnenstrahlen des Jahres die Wangen wärmen. Meine Freundin zeigt wenig Mitleid: "Jetzt stell dich nicht so an", sagt sie. "Dir wird schon etwas einfallen. Setz' dich mal eine Runde auf dein Fahrrad. Das macht den Kopf frei. Wenn du wiederkommst, dann schreibt du."

Auf dem Fahrrad die Osterglocken betrachten

Ihr zuliebe folge ich diesem Ratschlag. Einige Zeit später schwinge ich mich schließlich auf meinen alten Klepper. Die ersten Kilometer genieße ich einfach nur den Frühling. Ich betrachte die Osterglocken und Schneeglöckchen am Straßenrand, schaue einem Paar Rotkehlchen beim Nestbau zu und erspähe auf Höhe des Großenbaumer Bahnhofes den ersten Zitronenfalter des Jahres. "Alles schön und frühlingshaft", denke ich. "Aber will das wirklich jemand lesen?"

Auf meinem Weg in Richtung Stadtmitte komme ich in Wedau an gepflegten Vorgärten vorbei. In einigen davon arbeiten fleißige Hausbesitzer und machen ihr Kleinod fit für die warme Jahreszeit. Zwei Kleingärtner berichten mir, die Gartencenter der Region seien völlig überlaufen. Eine halbe Stunde hätten sie an der Kasse angestanden. Aber das sei normal, Frühlingsanfang eben. Ich mache mir eine Notiz. "Ob das ein interessantes Thema wäre?"

Das erste Eis des Jahres

Im Zentrum angekommen, lege ich auf den Hochwiesen vor dem Stadttheater eine Pause ein. Um mich herum liegen dutzende Menschen und genießen die Sonne. Eine junge Frau versorgt vier Kinder mit Eistüten. "Eis?", frage ich mich. "Vielleicht sollte ich einen Test machen?" Ich gehe meinen Gedanken nach, schlecke an einer Kugel Pistazie und schlendere die Königstraße herunter. Wirklich zufrieden bin ich aber auch jetzt noch nicht.

Ich trete unzufrieden in die Pedalen tretend den Heimweg an. Der Weg führt mich über den Sportpark Wedau, in dem gerade hunderte Läufer in kurzen Hosen an einem Laufwettbewerb teilnehmen, weiter vorbei an der Sechs-Seen-Platte. Dort fallen mir sofort die ersten Segelboote auf, die den Hafen des Jachtklubs verlassen, und die große Zahl der Spaziergänger.

Zu Hause angekommen erwartet mich meine Freundin. "Und? Jetzt 'ne Idee?", fragt sie und lächelt siegessicher. Ich berichte ihr von meinem erfolglosen Ausflug. Da beginnt sie laut zu lachen und meint: "Du hast den Frühling doch heute so erlebt, wie kein anderer. Wieso schreibt du nicht darüber?" Ich stutze. "Ja, wieso eigentlich nicht?"

(RP)
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