Neue Regelung ab 2014 Armutsflüchtlinge - Briten fürchten Zustände wie in Duisburg

Duisburg · In Duisburg leben 10.000 Rumänen und Bulgaren. Ab 2014 dürfen Menschen aus diesen Staaten europaweit arbeiten.

Duisburg: "Pro NRW"-Demo vor "Problemhochhaus"
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Es war Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der die Aufmerksamkeit der britischen Öffentlichkeit auf Duisburg lenkte. Mit seiner Forderung nach Einreisesperren gegen Armutsmigranten aus Bulgarien und Rumänien sprach er vielen Engländern aus der Seele. Denn auf der Insel fürchtet man kaum etwas mehr, als von einer Flüchtlingswelle aus Osteuropa überschwemmt zu werden, wenn von 2014 an für Bulgaren und Rumänen die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt, sie sich also für mindestens drei Monate in jedem anderen Mitgliedsland der Europäischen Union niederlassen dürfen.

Als warnendes Beispiel führen die Briten, aber auch andere westliche Staaten Duisburg an. Die Ruhrgebietsstadt gilt europaweit schon als Synonym für Verwahrlosung durch massenhafte Zuwanderung aus Osteuropa. Der Tenor der Berichterstattung ist immer derselbe: Seht her, die Zustände in Duisburg drohen in unseren Großstädten auch, wenn die Armutsflüchtlinge im nächsten Jahr kommen.

In NRW sind Dortmund, Köln, Gelsenkirchen und Düsseldorf in einer ähnlichen Lage wie Duisburg - jedoch nicht ganz so dramatisch. Laut Bundesagentur für Arbeit wanderten im vergangenen Jahr bundesweit 176 000 Rumänen und Bulgaren nach Deutschland aus. Davon kehrten der Behörde zufolge 88 000 Menschen zurück in ihre Heimatländer. "Sie fallen dem Sozialsystem nicht zur Last", sagt ein Sprecher der Arbeitsagentur. Doch die Städte sind überfordert. "Wir wollen den Menschen helfen, aber das kostet viel Geld - und das haben wir nicht", sagt ein Sprecher der Stadt Duisburg.

Dort sind derzeit gut 5000 Rumänen und Bulgaren gemeldet. Schätzungen zufolge sind mindestens noch einmal so viele unangemeldet in der Stadt. Es sind EU-Bürger, die sich seit 2007 frei in Europa bewegen dürfen. Bis 2014 können die Zuwanderer nur ein Gewerbe anmelden. Viele arbeiten laut Ordnungsbehörden bisher für drei bis vier Euro die Stunde illegal auf Baustellen. Ab nächstem Jahr steht für sie dann auch der deutsche Arbeitsmarkt offiziell offen. Allein der klammen Stadt Duisburg entstehen dadurch jährliche Mehrkosten von etwa 15 Millionen Euro. "Weil die Menschen dann unter anderem Anspruch auf Sozialleistungen haben, wenn sie bei uns arbeiten", sagt der Stadtsprecher.

Viele große englische Tageszeitungen, Fernseh- und Radiosender haben Reporter nach Duisburg geschickt. Sie haben ihre Kameras vor dem sogenannten Problemhochhaus in Rheinhausen postiert, in dem gut 200 Osteuropäer wohnen, gegen die die Polizei rund 420 Strafverfahren eingeleitet hat - wegen Diebstahls und Einbruchsdelikten. Die meisten von ihnen werden in ihrer Heimat diskriminiert und verfolgt, weil sie zu der Volksgruppe der Sinti und Roma gehören.

Im Büro des Duisburger Oberbürgermeisters Sören Link (SPD) klingeln häufig die Telefone mit britischer Vorwahl im Display. "Wir haben viele Anfragen zu dem Thema", erklärt sein Sprecher. Eine britische Tageszeitung titelte zuletzt: Warum der SPD-Bürgermeister einer deutschen Stadt möchte, dass alle Welt sieht, was passiert, wenn die Rumänen kommen. Link erklärte dazu, dass er glaube, dass Großbritannien auch unter den Konsequenzen der Grenzöffnungen zu leiden haben werde.

(jco)
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