PwC-Managerin Antje Schlotter Duisburgerin macht Karriere trotz Teilzeit

Duisburg/Düsseldorf · Antje Schlotter ist in Kleve geboren und lebt heute in Duisburg. Sie leitet den zweitgrößten deutschen Standort der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers. Eine Frau, die sich in einer Männerwelt durchgesetzt hat.

 Antje Schlotter kontrolliert Bilanzen von Wirtschaftsriesen wie Evonik.

Antje Schlotter kontrolliert Bilanzen von Wirtschaftsriesen wie Evonik.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Es ist ein Zungenbrecher, aber Antje Schlotter geht der Name „Winterhager Heintges Stützel Laubach“ problemlos über die Lippen. Sie lacht, wenn sie sich an ihre erste Station im Berufsleben erinnert. 25 Jahre ist es her, dass sie bei der Wirtschaftsprüfung angefangen hat. Heute gibt es das Unternehmen nicht mehr, es ist aufgegangen in Pricewaterhouse Coopers (PwC). Und aus Antje Schlotter ist eine der wichtigsten Managerinnen des Unternehmens in Deutschland geworden.

Seit Juli 2018 leitet sie den Düsseldorfer Standort von PwC, den zweitgrößten in Deutschland – dabei wollte sie eigentlich mal Journalistin werden. Doch stattdessen studierte die 50-Jährige nach ihrem Abitur am damaligen Johanna-Sebus-Gymnasium in Kleve in Essen Betriebswirtschaftslehre und ergriff den Beruf ihres Vaters: Wirtschaftsprüfer.

Sie hat es in der Branche, in der auf dem Weg nach oben so stark selektiert wird wie in kaum einem anderen Beruf, zur Partnerin gebracht, einer Position, von der praktisch jeder Berufsanfänger in diesem Bereich träumt. Allein die Partnerschaft ist eine Leistung, sie als Frau in der männerlastigen Branche zu erreichen, noch viel mehr. Denn Schlotter hat während ihrer Karriere zwei Kinder bekommen und teilweise Teilzeit gearbeitet – und sich dennoch am Ende gegen ihre Konkurrenten durchgesetzt. „Das ergibt sich nicht automatisch“, sagt Schlotter ganz nüchtern: „Ich wollte dazu gehören, weil es mir die Möglichkeit gibt, Einfluss zu nehmen.“

PwC gehört zusammen mit KPMG, Deloitte und Ernst & Young (EY) zu den „Big Four“, den vier größten und mächtigsten Beratungs- und Prüfungsfirmen der Welt. Sie beraten Dax-Konzerne und Mittelständler, prüfen Bilanzen von Familienunternehmen und Weltkonzerne. Zu den Kunden von PwC gehört die Belletage der deutschen Wirtschaft, von A wie Allianz bis V wie Volkswagen.

21 Standorte hat PwC allein in Deutschland, von Kiel bis München. Man will da sein, wo die Kunden sind, aber am Ende ballt sich die Macht von PwC dann doch an wenigen Zentren: Natürlich in Frankfurt, wo der Deutschlandsitz der Beratung ist, und dann in Düsseldorf. Knapp die Hälfte aller Mitarbeiter in Deutschland arbeitet in einer der beiden Städte, allein in Düsseldorf sind es rund 2900.

Für sie ist Antje Schlotter nun verantwortlich. Eines ihrer Ziele: Den Frauenanteil in den Führungspositionen erhöhen. Zwölf Prozent aller Partner bei PwC sind weiblich, am Standort Düsseldorf sind es 14 Prozent. „Damit können wir nicht zufrieden sein“, sagt Antje Schlotter: „Es ist ja allein deshalb schon wichtig, einen adäquaten Frauenanteil zu haben, um die Realitäten der Gesellschaft zu spiegeln.“

Unter den Berufseinsteigern ist die Zahl von Männern und Frauen noch nahezu paritätisch. Doch wer Karriere machen will, muss viel Zeit investieren, 60 Stunden Arbeit pro Woche sind keine Seltenheit. Hinzu kommen die vielen Reise zu Kunden, die mitunter in ganz Deutschland verteilt sind. „Wir müssen die Rahmenbedingungen so setzen, dass es die guten Frauen und Männer an die Spitze schaffen“, sagt Schlotter: „Auch viele meiner männlichen Kollegen möchten heute zu einer bestimmten Zeit zu ihren Familien nach Hause.“

Als Schlotter anfing, war das noch eher die Ausnahme. Vier Monate nach der Geburt ihres Sohnes fing sie 1998 wieder an zu arbeiten. Sie sei nie offen diskriminiert worden, sagt sie. Aber natürlich hat auch sie Situationen erlebt, in denen sie von einem männlichen Kollegen abends gefragt wurde, was sie noch um 20.30 Uhr im Büro mache. „Wer kümmert sich denn um ihre armen Kinder?“, sei sie gefragt worden. „Die haben auch einen tollen Vater“, habe sie damals geantwortet. Noch heute ist die Wirtschaftsprüferin überzeugt: „Das hätte man einen Mann nicht gefragt.“

Der Aufstieg bei PwC hatte seinen Preis, das weiß auch die heute 50-Jährige. „Bei Schulveranstaltungen meiner Kinder war ich diejenige, die den Kuchen nicht selbst gebacken, sondern gekauft hat“, sagt sie: „Man muss in Kauf nehmen, nicht in allen Bereichen perfekt sein zu können.“ Umgekehrt habe es sie auch geerdet, wenn sie nach einer erfolgreichen Dienstreise mit Jetlag aus den USA wieder nach Duisburg kam, wo sie heute lebt, und statt einer Projektabschluss-Feier abends die Hausaufgaben ihrer Kinder warteten.

Die Familie hat ihr auch Halt gegeben bei ihrem größten beruflichen Rückschlag. 2010 sollte sie eigentlich Partnerin bei PwC werden, doch dann wurde die Beförderung vertagt. „In so einer Situation hilft es, wenn der berufliche Erfolg nicht alles ist.“ 2011 hat sie es dann doch geschafft.

Ihr Wissen gibt sie heute auch an andere, jüngere Kollegen weiter. Ihr wichtigster Rat: „Es geht nichts über ein offenes Wort, auch wenn es schwerfällt.“ Und neben Glück gehört zu einer erfolgreichen Karriere auch das nötige Selbstbewusstsein dazu: „Ich habe irgendwann gesehen: Das, was andere können, das kann ich auch. Und das habe ich dann auch gesagt.“

Dieses Selbstbewusstsein schätzen auch ihre Kollegen und Kunden an der Frau, die Queen Elizabeth I. als Vorbild angibt („Sie hatte keine Angst vor unangenehmen Wahrheiten.“). Beim Essener Industriekonzern Evonik schätzt man neben Antje Schlotters Verlässlichkeit, auch ihre Klarheit. Und Finanzvorständin Ute Wolf sagt auch: „Bei hohem professionellen Anspruch ist sie als Mensch stets nahbar und sympathisch.“

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