Duisburg Anklage wirft Schützen (44) Mord vor

Duisburg · Mit Mietstreitigkeiten beschäftigen sich bei der Justiz üblicherweise Rechtsanwälte und Zivilgerichte. In dem Fall, mit dem sich seit gestern eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts am König-Heinrich-Platz befassen muss, ist das anders: Die Auseinandersetzungen des 44-jährigen Mieters einer türkischen Bäckerei in Bruckhausen mit seinem Vermieter endeten am 26. Juni 2014 tödlich. Mit drei Schüssen in den Kopf soll der Angeklagte den 41-Jährigen auf der Warbruckstraße regelrecht hingerichtet haben. Die Anklage geht von Mord und versuchtem Totschlag aus.

 Mit gesenktem Kopf wartete der Angeklagte gestern im Schwurgerichtssaal auf den Prozessbeginn.

Mit gesenktem Kopf wartete der Angeklagte gestern im Schwurgerichtssaal auf den Prozessbeginn.

Foto: dpa

Aus Habgier, weil er seine Mietschulden los werden wollte, habe der Angeklagte heimtückisch durch die Seitenscheibe auf den im Auto sitzenden Vermieter geschossen, der völlig überrascht worden sei. Die Tat geschah vor den Augen der Frau und einer Tochter des Opfers, die hinten im Wagen saßen. Anschließend soll der Angeklagte auch auf den 37-jährigen Bruder des Getöteten geschossen, ihn aber verfehlt haben. Weiteres habe zuletzt eine Ladehemmung der Pistole verhindert, in der sich noch vier Schüsse befanden.

 Vor diesem Döner-Laden auf der Warbruckstraße ereignete sich die blutige Tat.

Vor diesem Döner-Laden auf der Warbruckstraße ereignete sich die blutige Tat.

Foto: Stephan Glagla

Der Angeklagte schwieg gestern zum eigentlichen Tatgeschehen. Dafür ließ er seine Verteidiger umfangreich die Vorgeschichte schildern. In einer seltsamen Mischung aus Tatsachenvortrag und Beweisankündigungen im Stile eines sonst nur aus dem amerikanischen Prozessrecht bekannten Eröffnungsplädoyers sprach die Verteidigung von einer spontanen Tat, mit der sich Depressionen und Frust des Angeklagten entladen hätten. Der hätte Anfang 2013 die Bäckerei angemietet, seiner Familie beweisen wollen, dass er ein guter Geschäftsmann sei. Doch der Laden habe sich als Bruchbude erwiesen, in der kaum etwas funktionierte. Der Angeklagte, der den einwandfreien Zustand der Backstube gutgläubig per Unterschrift quittiert hatte, habe viel Zeit und Geld in die Renovierung gesteckt, was ihn aber nicht vor seiner Meinung nach ungerechtfertigten Geldforderungen des Vermieters bewahrt habe. Als der ihm das Wasser abstellte, habe er sich in seiner Existenz bedroht gesehen. Nach der Tat war der Angeklagte in ein Taxi gestiegen und hatte sich zur Polizei fahren lassen, wo er sich stellte.

"Er hatte die Pistole noch in der Hand", so der Taxifahrer (29) im Zeugenstand. "Ich hatte das Gefühl, er wollte seine Tat irgendwie rechtefertigen." Der Fahrgast habe sich zuletzt für die Mühe entschuldigt, die er gemacht habe, und auch das Zahlen nicht vergessen. Eingeplant sind acht weitere Verhandlungstage.

(RP)
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