Neues Erotiklokal in Duisburg Alles halb so wild

Duisburg · Im umstrittenen Erotik-Restaurant "Temptings" an der Asterlager Straße wurde Eröffnung gefeiert. Wir waren dabei und haben festgestellt: Es geht völlig gesittet zu. Wenn es dabei bleibt, haben Anwohner wenig Grund zur Sorge.

Der rote Teppich ist ausgerollt. Durch die milchigen Fensterscheiben — eine Auflage des Ordnungsamtes — ist nichts zu sehen. Ein Schloss sichert den Eingang von innen. Ein durchsichtiges Feld ermöglicht die Gesichtskontrolle durch die ansonsten blickdichte Tür. Ein Herr im schwarzen Anzug öffnet und lässt die Gäste eintreten.

Wer hinter dem schweren roten Vorhang, der die hereinströmende Kälte auffangen soll, nackte Haut erwartet, wird enttäuscht. Lediglich auf manchen der zahlreichen großformatigen Bildern an den Wänden geht es heiß her, meist aber auch eher subtil. Keines der Bilder zeigt Szenen, die zensiert werden müssten. Sich räkelnde Silhouetten, schöne Körper in Dessous, Frauenhände auf dem nackten Oberkörper eines gesichtslosen Herrn.

Die Gäste sitzen sich ganz züchtig gegenüber, ein Paar kuschelt — alle Hände sichtbar — in der Ecke. Das Licht ist gedämpft, aber nicht schummrig. Kronleuchter hängen von der Decke, glitzernde High Heels fungieren als Kerzenhalter. Auf den schwarzen Tischen brennen die Kerzen aber nicht im Schuhwerk, schließlich wird dort auch Essen serviert. Zwei verschiedene Menüs gibt es am Eröffnungstag zur Auswahl: Das "Menu à trois" besteht aus Feigen im Rohschinkenmantel auf Halloumi mit Blattsalat, dünnen Tranchen vom Rinderfilet mit grünem Spargel und gratinierten Kartoffelscheiben sowie Crêpe Suzette.

Durchschnittsalter liegt bei 40 Jahren

Menü II mit dem vielversprechenden Namen "Libido und Potenz" enthält ein Tomaten-Liebessüppchen mit Chilifäden, kross gebratenen Lachs mit Zucchini auf Polentaschnitten an Wasabisauce und als süße Versuchung warme Schokotörtchen mit Vanillesahne. Der Betreiber verspricht: Alle Speisen sind mit aphrodisierenden Lebensmitteln zubereitet und garniert.

Das Durchschnittsalter der Gäste liegt bei knapp 40, niemand ist völlig unzüchtig gekleidet. Einige Herren tragen Hemden zu Jeans, viele sind im Anzug erschienen. Bei den Frauen sind die Outfits schon provokativer. Dort reicht die Bandbreite vom "kleinen Schwarzen" zu gemusterten Strümpfen bis zum semitransparenten Kleid, das einen Blick auf die Wäsche gewährt. Die Unterhaltungen sind gedämpft, ein Zauberer geht von Tisch zu Tisch. Seine Tricks vollführt er größtenteils mit Karten. Am Ende jedes Besuchs lässt er einen zum Herz geformten Luftballon da.

Beim Dessert beginnen so langsam die Gespräche mit den Tischnachbarn. Viele sind zu zweit da. An zwei größeren Tischen sitzen Bekannte zusammen. An diesen Tischen wird lauter gelacht. Als um 22.15 Uhr auch das letzte Dessert abgetragen ist, beginnt die versprochene Partymusik und löst Tom Jones bei der musikalischen Untermalung ab. So langsam wechseln Gäste von den Tischen an die Theke, getanzt wird erst einmal nicht.

Erotisches Knistern?

Einige der ursprünglich knapp 30 Gäste sind zu diesem Zeitpunkt schon weg. Der Nikolaus hatte den Wunsch nach einem freien Freitag wohl nicht erfüllt, und nach den Kennzeichen der parkenden Autos zu urteilen, haben viele noch etwas längere Heimwege ins umliegende Ruhrgebiet vor sich.

Einen offiziellen Blick in die angekündigten Séparées im Obergeschoss gibt es an diesem Abend nicht. Als wir uns gegen 23 Uhr auf den Heimweg machen, ziehen wir eine erste Bilanz: Von dem versprochenen erotischen Knistern war nicht viel zu spüren. Eher ein Flämmchen wurde da entzündet. Wenn es dabei bleibt — und das Ordnungsamt hat bekanntlich Kontrollen angekündigt um sicherzustellen, dass es sich bei dem Etablissement wirklich um einen Restaurantbetrieb handelt — können sich die Anwohner entspannen.

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