Wie Elizaveta und Niklas ihr Abitur bauen Halbzeit im Corona-Abi

Duisburg · Zwei Schüler des Hamborner Abteigymnasiums berichten von Abschlussprüfungen, ausgefallenen Abi-Feiern, Erinnerungen an die Schulzeit und Zukunftsträumen. Die Prüfungen bereiten ihnen wohl nur wenig Kopfzerbrechen.

 Fast geschafft: Die beiden Abiturienten des Abteigymnasiums in Hamborn haben konkrete Vorstellungen, wie es für sie weitergehen soll.

Fast geschafft: Die beiden Abiturienten des Abteigymnasiums in Hamborn haben konkrete Vorstellungen, wie es für sie weitergehen soll.

Foto: Bistum Essen/Nicole Cronauge

Die Chemie-Klausur haben Elizaveta Kuniza und Niklas Heuser hinter sich. Jetzt geht es mit Englisch und Mathe weiter. Und nächste Woche kommen die mündlichen Prüfungen. Wie am Abteigymnasium in Hamborn stecken derzeit landesweit zehntausende Abiturienten, aber auch Zehntklässler vieler anderer Schulen in ihren Abschlussprüfungen. Coronabedingt mit rund drei Wochen Verspätung und seit Wochen begleitet mit vielen Ungewissheiten und neuen Regeln.

„Da gehst du zwölf Jahre zur Schule – am Ende bekommst du ein Zeugnis, und das war’s“, bringt Niklas auf den Punkt, was die beiden Jugendlichen am Corona-Abi 2020 gerade besonders nervt: Keine Abi-Party, kein Abi-Ball – und vor allem keine „Mottowoche“, bei der die Jugendlichen in ihrer letzten Schulwoche verkleidet zum Unterricht kommen. „Da freut man sich die ganze Schulzeit drauf. Und dann muss es ausfallen“, sagt Elizaveta, die darüber immer noch ein wenig traurig ist. Gerade überlegt die Jahrgangsstufe, ob zumindest der Ball irgendwann nachgeholt werden kann. „Wir konnten uns gar nicht richtig voneinander verabschieden“, bedauert Niklas.

Die Abiprüfungen selbst scheinen den beiden Schülern keine Kopfzerbrechen zu bereiten. „Von den zusätzlichen drei Wochen habe ich zumindest zwei gelernt“, sagt der 17-Jährige grinsend. Unterm Strich sei die Verschiebung ein Gewinn gewesen. Das sagt auch Elizaveta: „Ich konnte gut lernen, auch wenn am Anfang die Ungewissheit schwierig war.“ Schließlich war wochenlang unklar, ob es in diesem Jahr überhaupt Abiturprüfungen geben kann.

Beide kennen aber auch Mitschüler, „die zu Hause nicht so gute Lernbedingungen haben wie wir“, sagt die 18-Jährige. Mancher sei auch nicht zur freiwilligen Prüfungsvorbereitung gekommen aus Angst vor einer Corona-Ansteckung oder aus Sorge um Familienangehörige, die zur Risikogruppe gehören. „Home-Schooling“ kennt Niklas schon aus seinen Trainingslagern. Zumindest das „Home-Schooling“, das Lernen daheim, war zumindest für Niklas nichts Neues. Das sportliche Muskel-Paket aus Oberhausen-Alstaden gehört zur Welt-Elite des Kanu-Sports und musste schon seit Jahren seine Leidenschaft fürs Paddeln mit den Lernnotwendigkeiten auf dem Weg zum Abitur kombinieren. In der Q1, der 11. Klasse, „war ich mal zwei Wochen in der Schule, dann zwei Wochen im Trainingslager, zwei Wochen in der Schule …– das war eine gute Vorbereitung auf die Zeit jetzt vor dem Abi“, sagt Niklas. Denn nach den Trainingseinheiten musste sich der Teenager abends immer noch an die Aufgaben setzen, die ihm seine Lehrer aus Duisburg mitgegeben hatten.

Heute lobt Niklas sein Gymnasium: „Das Schöne ist, dass die Schule das möglich gemacht hat.“ Wobei das Abteigymnasium schon seit Niklas‘ kanubegeistertem großen Bruder Kontakt zum Team des Bundestrainers und Erfahrung mit Freistellungen für Trainingslager hatte. Niklas stellt klar: „Die Noten mussten immer stimmen.“

Allerdings möchte er auch die tägliche Stunde Busfahrt zur Schule als Beitrag zu seinem schulischen Erfolg nicht unerwähnt lassen. „Da konnte man notfalls immer noch ein paar Hausaufgaben erledigen“, sagt Niklas mit einem Schmunzeln.

Elizaveta ist als Vierjährige 2005 aus Russland nach Duisburg gekommen und blickt da auf eine ganz andere Schulzeit zurück: Ein Jahr Kindergarten, vier Jahre Grundschule und dann aufs Abteigymnasium, „weil das einen guten Ruf hatte“ und gleich neben dem Krankenhaus lag, in dem Elizavetas Mutter als Ärztin arbeitete. Im Rückblick lobt die Abiturientin vor allem „die gute Kommunikation unserer Lehrer mit uns“. Die hatten aber wohl in Elizaveta auch eine dankbare Abnehmerin ihrer Vorschläge. Egal ob Mathe- oder Chemie-Wettbewerbe, Schulsanitätsdienst, die 72-Stunden-Aktion als Pfadfinderin oder das Begabtenprogramm der Mülheimer Bistums-Akademie „Die Wolfsburg“ – kaum ein Angebot für ein außerschulisches Engagement, das Elizaveta nicht zumindest einmal näher angeschaut hat.

Heute weiß sie, wofür sie sich interessiert und was ihr Spaß macht. „Aber ohne meine Lehrer hätte ich das nie kennengelernt – als kleines Mädchen hat man da doch keine Ahnung“.

Und der christliche Hintergrund der Schule? „Viele haben ein falsches Bild vom Abteigymnasium“, sagt Niklas. „Die denken sofort an Klosterschule.“ Elizaveta und er sind sich einig, dass sich die Schule während ihrer Schulzeit sehr verändert habe. Zum Beispiel sei die Schülerschaft heute viel vielfältiger. Elizaveta betont aber auch das tägliche Gebet und die regelmäßigen Schulgottesdienste die für sie zur Prägung einer katholischen Schule gehören. Es sei „für jeden Schüler eine individuelle Entscheidung ob er diese Glaubensdinge annimmt“, sagt Elizaveta und betont: „Mir hat es was gebracht.“

Für die Zeit nach Schule und Abitur haben die beiden schon große Pläne: Niklas startet nach dem Sommer eine duale Ausbildung beim Kreis Mettmann und strebt dort eine Beamtenlaufbahn an – auch verbunden mit der Hoffnung, diese möglichst gut mit seiner Kanu-Leidenschaft zu verbinden. „Wenn ich viel trainiere, kann es vielleicht im nächsten Jahr schon mit Olympia klappen. Ansonsten dann vielleicht in fünf Jahren“, wagt er eine vorsichtige Prognose. Eine berufliche Zukunft könne er auf seinen Erfolgen trotzdem nicht aufbauen, „dafür ist Kanu zu sehr eine Randsportart“.

Elizaveta möchte schon seit Jahren Ärztin zu werden. Dabei möchte sie „nicht Medizin studieren, nur um Medizin zu studieren“, stellt sie klar. „Ich will den Menschen helfen.“ Und „intellektuell auslasten“ dürfe sie das Studium ruhig auch. Wie und wo sie künftig im Hörsaal sitzen wird, hängt dabei entscheidend von ihrer Abi-Note ab. „Mit 1,0 wäre alles möglich“, sagt sie – und das klingt weniger nach theoretischer Überlegung als nach einem konkreten Plan.

(RP)
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