Ermittlungen zur Loveparade 900 Stunden Videomaterial und Millionen Dokumente

Ermittlungen zur Loveparade · Die Wahrscheinlichkeit, dass nach der Katastrophe auf der Duisburger Loveparade noch Jahre bis zum Prozessbeginn vergehen könnten, versetzt Betroffene in Unruhe.

Loveparade: Planer und Kritiker
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"Das macht mich fertig. Ich will endlich Gerechtigkeit. Wenn es noch Jahre dauern sollte, bis ein Schuldiger gefunden ist, wäre das unerträglich", sagt Dominik Pavone. Der 26-Jährige musste mit ansehen, wie neben ihm Menschen totgetrampelt wurden. Seelsorger Joachim Wolf, der mehr als 20 Trauernde betreute, sagt: "Eine lange Suche nach den Verantwortlichen ist sehr quälend für die Opfer und Hinterbliebenen."

Nach Auskunft des "Weißen Rings" NRW gibt es keine Organisation, die sich um die Opfer von Katastrophen kümmert. NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) sagte unserer Redaktion, eine Einschätzung, wann ein Prozess beginnen könnte, sei "bei einem derart umfangreichen Verfahren nicht möglich". Experten schließen nicht aus, dass es bis zu fünf Jahre dauern könnte. Kutschaty betonte, er habe keinen Zweifel, dass die "Behörden die Ermittlungen sorgfältig und so schnell wie möglich führen".

Auf die Frage, ob die Ermittlungsbehörden — zu den 83 Kölner Polizeibeamten kommen fünf Duisburger Staatsanwälte hinzu — personell ausreichend ausgestattet seien, sagte Kutschaty: "Nach meinen bisherigen Erkenntnissen ja. Sollte sich weiterer Personalbedarf ergeben, werden der Leitende Oberstaatsanwalt in Duisburg und der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf dies berücksichtigen".

Millionen Dokumente zu sichten

Bei ihren Ermittlungen müssen die Beamten "Millionen von Dokumenten" bearbeiten. Das sei eine logistische Herkulesaufgabe, sagt Erich Rettinghaus, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft NRW. Allein die Auswertung von mehr als 900 Stunden Videomaterial aus Überwachungskameras sowie Handyaufnahmen von Augenzeugen werde Monate dauern: "Erfahrungsgemäß schauen sich die Beamten die Videos nicht länger als zwei Stunden am Stück an, weil danach die Aufnahmefähigkeit abnimmt".

Die Opposition wartet auf die Sitzung des Innenausschusses am 2. September. "Wir erwarten von der Landesregierung Antworten auf unsere Fragen", sagte der CDU-Rechtsexperte Peter Biesenbach. Horst Engel, innenpolitischer Sprecher der FDP, meinte: "Sollte der Eindruck entstehen, dass gemauert wird, müsste man an einen Untersuchungsausschuss denken." Dem Vernehmen nach will die Stadt Duisburg den ehemaligen "Focus"-Journalisten Karl-Heinz Steinkühler als PR-Berater für das Krisenmanagement engagieren. Die Stadt wollte dazu allerdings keine Stellung beziehen. Mit Rücksicht auf die Opfer stellt nach WDR-Informationen der Möbelhändler, der auf dem Loveparade-Gelände ein Kaufcenter bauen will, seine Baupläne zurück.

(RP)
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