Duisburg 646 kriminelle Kinder

Duisburg · Die Zahl der jungen Intensivtäter ist in Duisburg hoch. Um einer kriminellen Karriere bereits im Kindesalter vorzubeugen, nimmt die Stadt in Kooperation mit der Polizei an dem Präventionsprogramm "Kurve kriegen" teil.

 Endstation Jugendgefängnis: Der Serientäter aus Euskirchen muss für fünfeinhalb Jahre hinter Gitter.

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Foto: ddp, ddp

Sie sind gesetzlich noch strafunmündig, haben jedoch zum Teil schon eine kriminelle Karriere: 646 Kinder unter 14 Jahren galten im vergangenen Jahr als Tatverdächtige. Insgesamt 99 von ihnen hatte die Polizei wegen Gewaltverbrechen vor sich sitzen.

Diese Zahlen nannte gestern Polizeipräsidentin Elke Bartels und erklärte zugleich, dass die Polizei die Jungkriminellen wieder laufenlassen musste, wenn sie noch keine 14 Jahre alt waren. Und das auch, wenn viele von ihnen Mehrfachtäter (Intensivtäter) sind und ihre kriminellen Karrieren bereits Jahre vorher begonnen haben.

"Wegsperren bringt nichts"

Deshalb startet heute in Duisburg sowie in sieben weiteren Städten und Landkreisen in NRW ein Präventionsprogramm der Polizei in Kooperation mit der Stadt. "Mit dem Modellprojekt wollen wir die jungen Intensivtäter so früh wie möglich aufgreifen, therapieren und wieder in die Gesellschaft integrieren", sagt Elke Bartels. 30 bis 40 Prozent der Mehrfachtäter sollen so erreicht werden.

Dafür ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Jugendamt nötig, um die jungen Täter wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. "Das reine Bestrafen und Wegsperren bringt nichts. Stattdessen müssen wir so früh wie möglich die Stellschrauben justieren", sagt Jugenddezernent Karl Janssen.

Zur Zielgruppe des Modell-Projekts gehören Kinder und Jugendliche zwischen acht und 15 Jahren, die zum einen bereits mehrfach gewalttätig wurden und immer wieder Straftaten verüben, zum anderen keine geregelten Lebensumstände haben — sprich ein schweres Elternhaus oder als Schulverweigerer bekannt sind.

"Deshalb ist es enorm wichtig, dass die Eltern mit eingebunden werden", sagt Jugendamtsleiter Thomas Krützberg. "Wenn die Eltern nicht mitziehen und ihr eigenes Handeln nicht ändern, ist es schwierig, ihre Kinder zu erreichen."

Sollten die Eltern ihren Kindern die Teilnahme an Maßnahmen wie Anti-Aggressionstraining, Deeskalationstraining oder Coolnesstraining verbieten, habe das Jugendamt ebenso wie die Polizei keine Handhabe, bis die Straftäter 14 Jahre alt sind. "In vielen Fällen sind die Eltern aber kooperativ, wenn man ihnen aufzeigt, welche kriminelle Karriere ihren Kindern noch bevorsteht", sagt Krützberg.

Als Budget stehen landesweit insgesamt neun Millionen Euro zur Verfügung. "Das ist nicht gerade wenig", sagte Elke Bartels. "Davon werden kostenintensive Trainings sowie pädagogische und psychologische Fachkräfte bezahlt, die im Einzelfall beurteilen, wie der Täter resozialisiert werden kann." Wie lange die Modellphase dauert, steht noch nicht fest. Sollte das Projekt erfolgreich sein, werde es weiter ausgedehnt.

(RP)
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