Duisburg 60 Minuten bei Lehmbruck

Duisburg · Was passiert mit Museumsbesuchern, seien sie Anfänger oder Fortgeschrittene, wenn sie sich eine Stunde mit Kunst auseinandersetzen und ihre eigenen Eindrücke wiedergeben können? Die RP ist als stiller Beobachter dabei.

60 Minuten zu zweit oder alleine ohne pädagogische Aufgabe durch das Museum schlendern. Danach ein Kurzinterview plus Fotos. Unser Experiment "60 Minuten bei Lehmbruck" drohte schon in der Anfangsphase zu scheitern, wollten wir doch unterschiedliche Duisburger Berufsgruppen zu einem Museumsbesuch animieren. Da taten sich einige städtische Institutionen nach unserer Anfrage schwer. Zwei Feuerwehrleute der Berufsfeuerwehr Duisburg, oder zwei Standesbeamte für eine Stunde zum Schauen ins Museum? Das konnte man sich im Vorzimmer oder von Amts wegen nicht vorstellen; schade!

Trotzdem ging unser kleines Experiment in die zweite Runde, hatten wir doch mit der Kreativtherapeutin Birgit Menner (49), mit eigener Praxis in Wanheimerort, die im Lehmbrucktrakt sehr viel Ruhe fand und über Wilhelm Lehmbruck meinte: "Er zeige die Schönheit der Frauen, die aber doch irgendwie in sich zurückgezogen seien.", eine sehr einfühlsame Probandin. Eine Stille wäre in diesen Frauen – aber keine Augen – vielleicht der fehlende Kontakt zum Betrachter? Der Sinnenden wäre sie sehr nahe gekommen – das hätte so eine Tiefe – die verwandelt? "Ja, ich trage nun tatsächlich etwas in mir, das auch Gefühle in mir ausgelöst hat."

Hellwach durchs Museum

So auch bei einer anderen Berufsgruppe, nämlich zweier angehender Konditorinnen des Duisburger Ausbildungsbetriebes der Konditorei Dobbelstein. Angelika Ostroga (18) und Maria Jaeger (18), die hellwach durchs Museum schlenderten. Zwei moderne, junge Frauen, die auf der Höhe ihrer Zeit vielsagend und punktgenau beschrieben und fantasievolle Ideen verströmten. Angelika:"Ich fand es erschreckend! - diese lebensechten Soldaten. Krieg im Museum? Vietnamkrieg…!" - Alles sei so echt, und tiefe Eindrücke blieben da wohl. Vielleicht war dies schon unsere sehnsüchtig erwartete innere Verwandlung? Und dass Lehmbrucks Skulpturen nach Liebe verlangten, wie der Künstler selbst? Aha! Und praktisch gedacht:"Man könnte das auch gut mit in die Arbeit nehmen. Da unten im Museum gäbe es so eine goldene Kugel. Wir arbeiten ja auch mit Gold. Pralinenmäßig mit Goldstaub und so", meinte die vollkommen inspirierte Maria Jaeger. "Bei manchen frage ich mich schon, ob das Kunst ist?", entgegnete Angelika Ostroga nachdenklich.

Wenn das nicht das Ziel jeder pädagogischen Museumsarbeit bestätigen würde? Ja, wir müssen schauen, vergleichen und uns verwandeln mitten im Museum in Menschen, die sich mit Kunst auseinandersetzen. Nichts anderes möchte, kann und ist die Kunst. Stellen wir uns mittenrein ins Duisburger Wilhelm Lehmbruck Museum und schauen – und staunen über uns selbst.

(RP)
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