Duisburg 30.000 Stimmen gegen Sauerland

Duisburg · Es sieht so aus, als könnten sie es schaffen. Rund 55.000 Unterschriften braucht die Initiative "Neuanfang für Duisburg" für ein Bürgerbegehren zur Einleitung des Abwahlverfahrens gegen Oberbürgermeister Sauerland - sollte er nicht zurücktreten.

60.000 Unterschriften will sie sicherheitshalber bis Oktober sammeln, 30.000 hatte sie Mitte letzter Woche zusammen. "Wir liegen sehr gut in der Zeit", sagt Theo Steegmann, einer von drei Sprechern der Initiative, die nach seinen Angaben bis zu 200 Aktive umfasst.

Mittlerweile ist sie mit Infoständen in fast allen Vierteln der Stadt präsent. Und der Zuspruch lässt nicht nach, weil viele in dieser Stadt in Adolf Sauerland den politisch Verantwortlichen für die Loveparade-Katastrophe sehen. "Die Stadtspitze wollte die Loveparade und hat die Verwaltung entsprechend unter Druck gesetzt", verortet Theo Steegmann den Anfang einer verhängnisvollen Kausalkette ganz oben im Rathaus. Die Mitarbeiter der Verwaltung hätten sich nicht getraut, dem zu widersprechen. "Vom Chef hätte die klare Ansage kommen müssen: Das ist nicht genehmigungsfähig."

SPD und Linke unterstützen Unterschriftenaktion

Während die Duisburger Grünen in dieser Frage gespalten sind, unterstützen SPD und Linkspartei die Unterschriftensammlung. Gleichwohl betont Steegmann, der vor 25 Jahren im legendären Arbeitskampf um den Erhalt des Krupp-Werkes in Rheinhausen einer der führenden Betriebsräte der IG Metall war: "Wir lassen uns von keiner Partei instrumentalisieren." Und in der Tat dürfte so manche Position der Initiative für Duisburger Linke und Sozialdemokraten nur schwer verdaulich sein.

Steegmann findet es nämlich "beschämend, dass sich die Ratsmitglieder - quer durch alle Parteien - nicht an der Aufarbeitung" des Geschehens beteiligten. Weder bei der Eröffnung des Mahnmals für die Toten der Loveparade, noch bei einem Runden Tisch mit Veranstaltungsexperten zur Aufklärung der Ursachen des Desasters seien Ratsmitglieder in nennenswerter Zahl anwesend gewesen. Uwe Linsen, Geschäftsführer der sozialdemokratischen Stadtratsfraktion, glaubt dagegen wie die Linkspartei, man habe durch Anfragen an die Stadtverwaltung alles getan, was zur Aufklärung der Hintergründe der Katastrophe möglich war.

Verwiesen wird auf vage Antworten der Verwaltungsspitze, bezichtigt sie der Lüge, könne jetzt - wie Linsen sagt - "nur noch auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen setzen." Und geht zur Tagesordnung über. Nur aus Richtung der FDP-Fraktion, die bereits im vergangenen September die Stadtverwaltung ohne Erfolg mit dem umfangreichsten Fragenkatalog zu den Hintergründen des Unglücks konfrontierte, könnte demnächst ein neuer Vorstoß kommen.

Initiative denkt über eigenen Kandidaten nach

Es wird der SPD auch nicht gefallen, dass Steegmann die Sozialdemokratie in der Stadt für ein Teil des Problems hält, das die Katastrophe begünstigt habe: Die "Verquickung von Kommerz und Stadtverwaltung." Bei der Loveparade sei man einmal mehr kommerziellen Interessen in den Hintern gekrochen. "Das ist seit Jahren Politik in dieser Stadt, egal ob SPD oder CDU den Oberbürgermeister stellt: Es muss ein Investor nur mit Geld winken, schon läuft man ihm hinterher." Auch dem Veranstalter Lopavent habe man immer wieder nachgegeben. "Neuanfang für Duisburg heißt, dass man mit dieser Art von Politik aufhört."

Mittlerweile hält es auch CDU-Fraktionsgeschäftsführer Rainer Pastoor "nicht für ausgeschlossen", dass es zu einem Bürgerentscheid über Sauerland kommt. Und in der SPD wird darüber nachgedacht, wen sie als Oberbürgermeister-Kandidaten aufstellen soll, falls das Abwahlverfahren durchgesetzt und Sauerland durch Bürgervotum zur Aufgabe des Amtes gezwungen wird.

Für Steegmann liegt hier nicht die Perspektive. Er weiß von den Infoständen, dass viele, vor allem auch junge Leute, angesichts des etablierten kommunalpolitischen Personals skeptisch sagen: "Was nach Sauerland kommt, ist auch nicht besser." Und deshalb wird im Umfeld der Initiative "Neuanfang für Duisburg" darüber nachgedacht, bei eventuellen Oberbürgermeister-Neuwahlen einen partei-unabhängigen Kandidaten aufzustellen. "Wir sind auf der Suche", sagt Steegmann.

(dapd)
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