Schwerpunkt Hochschulen Zu wenige Professoren für zu viele Studenten

Düsseldorf · Die Hochschulen stellen mehr Personal ein, dennoch verschlechtert sich das Betreuungsverhältnis von Lehrkraft zu Student. An der Fachhochschule muss ein Professor im Schnitt 50 Studenten betreuen, in der Elektrotechnik inzwischen sogar 60.

Die Fachbereiche Maschinenbau und Elektrotechnik an der Düsseldorfer Fachhochschule sind ein gutes Beispiel für ein bundesweites Phänomen: Obwohl die FH mehr Professoren eingestellt hat, um sich auf den Ansturm der doppelten Abi-Jahrgänge vorzubereiten, hat sich das Betreuungsverhältnis von Professor zu Student nicht verbessert, sondern verschlechtert. Während im Herbst 2011 ein Professor im Bereich Maschinenbau- und Verfahrenstechnik noch 47,5 Studenten betreute, sind es ein Jahr später bereits 56,3. In der Elektrotechnik verschlechterte sich die Relation von 1:55 auf 1:60.

Grund für diese negative Entwicklung ist, dass die Zahl der Studierenden dramatisch steigt, die Zahl der zusätzlich geschaffenen Professorenstellen im Verhältnis dazu aber nur geringfügig erhöht wird. So stieg die Zahl der Studenten im Bereich Maschinenbau- und Verfahrenstechnik zum Beispiel von Herbst 2011 auf Herbst 2012 um fast 21 Prozent (von 1108 auf 1342 Studenten), zusätzlich angestellt wurde allerdings nur ein Professor. Fächerübergreifend gibt es an der FH einen Durchschnitt von 1:50.

Das Betreuungsverhältnis ist nicht der einzige, aber ein wichtiger Indikator, um die Studienbedingungen und die Ausbildungsqualität zu messen. Muss sich ein Professor bzw. wissenschaftlicher Mitarbeiter um zu viele Studenten kümmern, liegt die Annahme nah, dass die Qualität der Betreuung darunter leidet. Denn wie soll ein Professor rund 50 Studenten in ihrer wissenschaftlichen Entwicklung fördern, Hausarbeiten betreuen, Prüfungen vorbereiten und abnehmen und auch wichtige Forschungs- und Wissenschaftsarbeit leisten, ohne dabei Abstriche zu machen?

Und so überrascht es nicht, dass Studenten bei der repräsentativen Befragung des Instituts für Hochschulforschung — bundesweit waren 44 000 Studenten befragt worden — Defizite in ihrer Betreuung sehen: Sie gaben an, dass ihnen Rückmeldungen von Lehrenden sowohl hinsichtlich ihrer Leistungen als auch der Studienplanung fehlen würden.

Wolfgang Marquardt, Vorsitzender des Wissenschaftsrats, der Bund und Länder in Hochschulfragen berät, fordert angesichts des landesweit rückläufigen Betreuungsverhältnisses — 2011 betreute ein Professor 60 und damit 23 mehr als vor zehn Jahren — die quantitative und qualitative Verbesserung der Betreuung an Hochschule.

Eine Aufforderung, der die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen Beachtung schenken sollten, liegen sie doch sowohl im Universitäts-, als auch im Fachhochschulbereich unter dem Bundesdurchschnitt, wenn es um die Relation von wissenschaftlichem Personal (gesamtes wissenschaftliches Personal, nicht nur Professoren) zu Studierenden geht. Zum Vergleich: Die Universitäten im Saarland bieten mit einem Verhältnis von 1:12,9 Studenten die bundesweit beste Betreuung an, die Universitäten in Nordrhein-Westfalen mit 1:24,7 die mit Abstand schlechteste. Der bundesweite Durchschnitt lag bei 1:18,8. An den Fachhochschulen lag der Bundesdurchschnitt bei 1:24,1 in NRW bei 1:27,9.

Ein gutes Beispiel dafür, wie beunruhigend groß das Gefälle in einzelnen Fachbereichen sein kann, ist die Universität Düsseldorf: Sieht man sich die Professuren an der Philosophischen Fakultät an, die aus Haushaltsmitteln (Stand: Dez. 2012) und aus dem Hochschulpakt II von Bund und Ländern finanziert wurden, stehen gerade einmal 71 Professuren der Masse von 8794 Studierenden gegenüber. Zum Vergleich: An der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät ist die Betreuung mit 97 zu 8100 Studenten deutlich besser. Und an der Medizinischen Fakultät gibt es 100 Professuren für 3302 Studierende und damit eine quantitativ hervorragende Relation in Sachen Personal und Studierende.

Die Planstellen für Professuren haben sich an der Heinrich-Heine-Universität im Zeitraum von 2010 bis 2012 übrigens kaum verändert: 2010 waren es 346, 2011 348 und im Jahr 2012 sogar nur 347 Planstellen.

(RP)
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