contra Marie-A. Strack-Zimmermann (FDP) Zivilcourage statt Kamera

Die politisch Verantwortlichen, die bei dem Thema Sicherheit regelmäßig nach weiterer Videoüberwachung rufen, machen uns vor, sie könnten das Problem zu 100 Prozent lösen und es gäbe bei entsprechender Videoüberwachung keine Kriminalität mehr. Eine gefährliche Wahrnehmung. Denn jeder sollte wissen: Kameras allein verhindern keine Verbrechen. Die Wirkung dieser Form der Überwachung hängt immer auch ab vom System - und den Menschen, die dahinter stehen. Selbst die Polizei warnt vor falschem Sicherheitsempfinden und übertriebenem Vertrauen in die Technik.

 Liberale Position: Bürger nicht unter Generalverdacht stellen.

Liberale Position: Bürger nicht unter Generalverdacht stellen.

Foto: RP (Andreas Bretz)

Wir brauchen keine weiteren Kameras. Wenn die Polizei der Auffassung ist, es gäbe Brennpunkte, hat sie schlichtweg vor Ort präsent zu sein. Wenn die Verwaltung meint, am Burgplatz sei der Teufel los, soll sie den vom Steuerzahler mit 4,5 Mio. Euro im Jahr bezahlten Ordnungsdienst in Bewegung setzen.

Dies entbindet uns alle nicht davon, Augen und Ohren offenzuhalten, auf den Instinkt zu vertrauen, vorsichtig zu sein und Zivilcourage an den Tag zu legen. Hinschauen, den Mund aufmachen, wenn etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, sich auch einmischen, wenn es erforderlich zu sein scheint. "Soziale Kontrolle” ist mehr wert, als jede Videoüberwachung.

Und sein wir uns darüber im Klaren: Hier eine Kamera und dort eine, "auch wenn wir selbstverständlich alle nichts zu verbergen haben”, ist ein Einschnitt in unsere Freiheitsrechte. Jede Kamera mehr ist der Beginn einer umfassenden Kontrolle, die jeden Bürger per se unter Generalverdacht stellt, eigentlich ein böser Bube zu sein. Es ist der Anfang einer Überwachung, die auf der Straße beginnt und auf dem Klo endet. Übertreibung? Nein! Gesehen in London zwischen Westminster Abbey und Scotland Yard: Videoüberwachung auf einer öffentlichen Toilette.

Die Gastautorin ist Vorsitzende der FDP-Ratsfraktion.

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