Düsseldorf "Zamek darf kein zweites Schlecker werden"
Düsseldorf · Beim Fertiggerichte-Hersteller Zamek stehen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer seit Monaten unversöhnlich gegenüber. DGB-Vorsitzender der Region Klaus Reuter beurteilt die Situation im Interview.
Herr Reuter, beim Düsseldorfer Fertiggerichte-Hersteller Zamek stehen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach einem monatelangen Arbeitskampf unversöhnlich gegenüber. Die Gewerkschaft NGG fordert 6,5 Prozent mehr Lohn. Ist das nicht überzogen?
Reuter Das ist keineswegs überzogen. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte Zamek wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Mitarbeiter von Zamek haben jetzt seit mehr als drei Jahren auf viele Sozialleistungen verzichtet. Im Gegenzug hatte das Unternehmen versprochen, die Lohnerhöhungen später nachzuholen. Dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen. Aber plötzlich will das bei Zamek keiner mehr wissen. Und genau zu diesem Zeitpunkt tritt Zamek aus dem Arbeitgeberverband aus und fühlt sich nicht mehr an den Tarifvertrag der Branche gebunden. Jetzt soll ein Haustarifvertrag her. Die Geschäftsführung von Zamek hat ihr Versprechen gebrochen und die Mitarbeiter angelogen.
Trotzdem sagen Beobachter, dass der Streit in diesem Fall eskaliert. Gewerkschaftsmitglieder haben die Geschäftsführung bei einer Demonstration beleidigt und den Namen der Firma verunglimpft. Das ging bis vor Gericht.
Reuter Ich will Beleidigungen nicht schönreden, aber bleiben wir bitte auf dem Teppich. Bei solchen Tarifstreitigkeiten herrscht nun mal ein rauer Ton. Da sollte man sich nicht wegen Kleinigkeit aufregen. Im Übrigen hat das Gericht ja auch klargestellt, dass solche Meinungsäußerungen im Arbeitskampf zulässig sind und geduldet werden müssen. Außerdem betrachten Sie mal genauer, was die Beschäftigten wirklich machen. Die sind doch alle ganz friedlich. Wenn während des Streiks ein Lkw kommt, dann machen alle Platz und lassen ihn durch, damit die Produktion nicht stoppt. Bei einem Tarifstreit in der Metallbranche wäre das völlig undenkbar. Die Mitarbeiter von Zamek hängen emotional an ihrem Betrieb. Außerdem ist die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) keine Krawallgewerkschaft.
Was kennzeichnet die Belegschaft von Zamek?
Reuter Das sind weit überwiegend Facharbeiter, die im 20., 30. oder 40. Jahr bei Zamek arbeiten. Viele arbeiten für einen relativ niedrigen Lohn.
Sie sind seit Jahrzehnten als Gewerkschafter im Geschäft und haben viele Tarifverhandlungen begleitet. Was ist das Besondere diesmal bei Zamek?
Reuter Zamek ist ein altes Düsseldorfer Familienunternehmen. Die Bindung der Mitarbeiter an den einst von Ben Zamek gegründeten Betrieb ist sehr, sehr hoch. Heute hat ein angestellter Geschäftsführer das Sagen. Und man kann als Gewerkschafter den Eindruck gewinnen, der will das Düsseldorfer Werk vor die Wand fahren und die Produktion komplett nach Ostdeutschland verlegen. Der Eigentümer-Familie Zamek kann ich nur zurufen: Stoppen Sie den Amoklauf des Geschäftsführers. Sonst wird Zamek so enden wie Schlecker. Wenn das der alte Zamek mitbekommen hätte, wäre vieles anders gelaufen. Was jetzt passiert ist ein Symbol für Raffgier. Zamek darf kein zweites Schlecker werden. Sonst ist der gute Name Zamek dauerhaft beschädigt.
Glauben Sie etwa, Zamek hat Düsseldorf schon aufgegeben?
Reuter Die Tatsache, dass Zamek Leiharbeiter als Streikbrecher einsetzt, lässt diesen Schluss zu. Wer ernsthaft weitermachen will, verzichtet auf solche Methoden.
Man könnte auch sagen, die Gewerkschafter sind zu stur . . .
Reuter Nein. Die Gewerkschaft hat ein Angebot gemacht. Zamek hat die Frist verstreichen lassen.
Mehr als zehn Streiktage und Dutzende Gespräche sind schon verstrichen. Wie kann der Konflikt zwischen Zamek und der Belegschaft noch gelöst werden.
Reuter Wir sind an einem Punkt, an dem sich der Rat der Stadt Düsseldorf mit der Sache beschäftigen sollte. Diesen Vorschlag hat die SPD ja bereits gemacht. Es braucht jetzt gesellschaftlichen Druck, um die 500 Arbeitsplätze in Düsseldorf zu erhalten. Mein Vorschlag wäre, dass Oberbürgermeister Dirk Elbers zwischen beiden Parteien nun vermittelt. Das wäre eine neutrale, unbefangene und von allen Seiten beachtete Person.
Thorsten Breitkopf, Hans Onkelbach und Horst Thoren führten das Gespräch.