Public Viewing in Düsseldorf WM-Fans in der Altstadt im Freudentaumel

Düsseldorf · Der Sieg von Jogis Elf wird in der Altstadt vor den Kneipen und an den Kasematten euphorisch gefeiert. Im portugiesischen "Frango" an der Erkrather Straße herrscht dagegen das blanke Entsetzen.

 Die Deutschland-Fansin den Kasematten konnten begeistert jubeln - bei den Portugal-Fans im Frango sah man betretene Gesichter.

Die Deutschland-Fansin den Kasematten konnten begeistert jubeln - bei den Portugal-Fans im Frango sah man betretene Gesichter.

Foto: Endermannn

Bereits eine Stunde vor Beginn der prestigeträchtigen WM-Partie zwischen Portugal und Deutschland in Salvador gleicht das Frango, die Dependance des Club Português an der Erkrather Straße, einem Tollhaus in Rot und Grün. Mehrere Fernsehsender versuchen Bilder von euphorischen portugiesischen Fans zu ergattern. Doch auch viele deutsche Anhänger kommen ins Frango, je näher der Anpfiff rückt. Man feiert gemeinsam, Schals und Fahnen beider Nationen hängen einträchtig nebeneinander.

 Die Spannung steigt. Montag ist Achtelfinale.

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Foto: Endermann

Die Portugiesen sind dennoch in der Überzahl und nach einigen schmerzhaften Pleiten in den vergangenen Jahren überzeugt: Wir schlagen Deutschland - endlich mal wieder. 2:1 für Portugal tippt Rui Luciano: "Die Deutschen sind nicht so gut, wie sie selbst glauben. Die Saison war lang, viele sind verletzt oder angeschlagen. Und Portugal hat keineswegs nur Ronaldo, sondern eine sehr ausgeglichene Mannschaft." Sein Sohn Nelson nickt heftig. "Ich bin hier geboren, aber mein Herz gehört Portugal", sagt er.

Beate Kleine-Möllhoff gehört zu den Deutschen, die im Frango das Spiel schauen wollen, "Weil die Stimmung hier einfach so toll ist". Sie arbeitet für den Betreiber des Restaurants in der Verwaltung. "Mein Chef hat ein Stoff-Kamel als Orakel umfunktioniert, das habe ihm gesagt, Portugal gewinnt. Ich habe dagegengehalten."

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Nach Müllers 1:0 kippt die Stimmung ein wenig, erst recht nach der roten Karte für Pepe. Die Portugiesen fühlen sich vom Schiedsrichter verschaukelt, die Deutschen jubeln bei den nächsten beiden Treffern von Hummels und Müller nur verhalten. Erste Fans in Rot und Grün treten zur Halbzeit vorzeitig und ziemlich enttäuscht den Heimweg an, vereinzelt liegen Fähnchen im Straßengraben. Das hatten sie sich anders vorgestellt.

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Von trüber Stimmung kann in der Altstadt natürlich keine Rede sein, vor den Kneipen und vor allem an den Kasematten ist alles in Schwarz-Rot-Gold getaucht. Die losgelöste Atmosphäre entlädt sich endgültig, als Müller sein Dreierpack schnürt.

"Das geht schon so in Ordnung", sagt Hartmut Friedrich, der das Spiel eher nüchtern betrachtet, während um ihn herum die Freudengesänge nicht verstummen wollen. "Der Elfmeter war berechtigt, die rote Karte auch, Deutschland war einfach klar besser. Wenn die Mannschaft so weiterspielt, ist der WM-Sieg drin."

Pia Möbius hat es dagegen nicht so mit sachlichen Analysen. Sie feiert, singt und tanzt mit ihren Freundinnen an den Kasematten. "Ich kann mit Fußball eigentlich nicht viel anfangen, die WM ist aber eine Ausnahme. Die Stimmung ist einmalig, da fühle ich mich sofort an das Sommermärchen 2006 erinnert", brüllt die 25-Jährige gegen die Sprechchöre an. "Ich komme nur wegen der Atmosphäre, der Fußball ist mir eigentlich egal", krächzt sie mit heiserer Stimme. Nach dem Abpfiff ist die Freude groß, die WM aber noch lang. Dennoch: Die ersten Auto-Korsos ziehen hupend über die Kö und die Nebenstraßen - fast wie 2006.

(RP)
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