OB Elbers im Interview "Wir leben auf sehr hohem Niveau"

Düsseldorf · Oberbürgermeister Dirk Elbers hat die Redaktion der Rheinischen Post besucht und über die wichtigen Themen in der Landeshauptstadt diskutiert: Stadtfinanzen und das schwindende Sparpolster, die Stadtsparkasse, ein neues sportliches Großereignis und seine Pläne für die Zeit nach 2015.

 OB Dirk Elbers: „Die Kräne werden sich weiter drehen in Düsseldorf.“

OB Dirk Elbers: „Die Kräne werden sich weiter drehen in Düsseldorf.“

Foto: Endermann, Andreas

Sind Sie enttäuscht, dass Bauminister Voigtsberger die Entscheidung zum Tausendfüßler verschoben hat?

 Das Redaktionsgespräch: die RP-Redakteure Detlev Hüwel und Hans Onkelbach, Presseamtsleiterin Natalia Fedossenko (vorne von rechts), RP-Chefredakteur Sven Gösmann, OB Dirk Elbers, der stellvertretende RP-Chefredakteur Horst Thoren, (Mitte von links), OB-Büroleiter Frank Scholz, die RP-Redakteure Christian Herrendorf und Denisa Richters (hinten von links).

Das Redaktionsgespräch: die RP-Redakteure Detlev Hüwel und Hans Onkelbach, Presseamtsleiterin Natalia Fedossenko (vorne von rechts), RP-Chefredakteur Sven Gösmann, OB Dirk Elbers, der stellvertretende RP-Chefredakteur Horst Thoren, (Mitte von links), OB-Büroleiter Frank Scholz, die RP-Redakteure Christian Herrendorf und Denisa Richters (hinten von links).

Foto: Endermann, Andreas

Elbers Nein, bin ich nicht. Natürlich hätte ich mir eine klare Entscheidung noch in diesem Jahr gewünscht, damit wir beim Kö-Bogen die geplante Zeitschiene halten könnten. Ich finde aber diese Zwischennachricht aus dem Ministerium nicht beunruhigend. Wenn der Minister über unsere Feststellungen hinaus ein weiteres Gutachten benötigt, können wir noch zwei bis drei Monate warten.

Sind Sie mit dem Minister in Kontakt?

Elbers Selbstverständlich. Allein schon deshalb, weil wir uns auf einigen gemeinsamen Terminen treffen.

Was glauben Sie: Wird der Tausendfüßler in einem Jahr noch stehen?

Elbers Wenn es nach mir und einem Großteil der Düsseldorfer Bevölkerung geht, steht er nicht mehr.

Lassen Sie uns über Geld reden: In Düsseldorf entwickeln sich die Gewerbesteuereinnahmen nicht so gut wie in anderen Städten. Wie steht es um die Finanzen der Stadt?

Elbers Gut. Denn wir haushalten sehr solide und seriös auf der Grundlage unserer Möglichkeiten. Es stimmt, die Steuern sprudeln nicht mehr so wie vor einigen Jahren. Aber auch mit 825 Millionen Euro sind wir auf einem sehr hohen Niveau und können viel investieren.

Was sagen Sie zur Kritik des Steuerzahlerbunds, dass Großprojekte wie Wehrhahn-Linie und Kö-Bogen wegen Mehrkosten zur Gefahr für den Haushalt werden?

Elbers Beides sind Maßnahmen, die so viel Gewinn für die Stadt und die Bürger bringen, dass es gut angelegtes Geld ist.

Es ist auch immer wieder der Vorwurf zu hören, dass bei Projekten der öffentlichen Hand mit niedrigen Preisen geködert wird, es dann aber zu immensen Kostensteigerungen kommt ...

Elbers Den Eindruck habe ich bei uns nicht. Manches kann man nicht vorhersehen. Bei der Wehrhahn-Linie beispielsweise gab es Bodenfunde wie den Jüdischen Friedhof. Das hat verständlicherweise zu Verzögerungen und Mehrkosten geführt.

Jährlich schmelzen die Ausgleichsrücklagen. Wäre es nicht besser gewesen, einen Sparhaushalt zu verabschieden, um nicht ausgerechnet im Wahljahr 2014 den Rotstift zücken zu müssen?

Elbers Die Rücklagen sind gerade dafür da, um sie in Notsituationen oder schwierigeren Zeiten in Anspruch zu nehmen. Das macht ein Privatmann genauso. Außerdem hatten wir 2010 einen positiven Abschluss und konnten den Rücklagen wieder etwas zuführen. Wenn wir 2014 wirklich hart sparen müssten, würde ich das trotz des Wahljahrs tun. Ich war noch nie ein Schönwetter-Oberbürgermeister.

Sie sprechen von Notlage. Ist sie schon da?

Elbers Nein, wir leben auf einem wirklich sehr hohen Niveau. Das wollen und werden wir halten. Dabei investieren wir nicht nur in Großprojekte, sondern auch sehr viel im sozialen Bereich. Beim Ausbau der U-3-Betreuung sind wir wirklich Vorreiter. Manche anderen Kommunen haben es viel schwerer. Trotz besserer Lage können wir aber nicht wahllos mit der Gießkanne herumgehen.

2015 sind Kö-Bogen und Wehrhahn-Linie fertig. Dann müsste doch genug Geld da sein ...

Elbers Wir hören ja danach nicht auf. Die Kräne werden sich weiter drehen in Düsseldorf.

Was heißt das konkret?

Elbers Danach steht die Gestaltung der Schadowstraße an, durch die mit Fertigstellung der Wehrhahn-Linie keine Straßenbahnen fahren werden. Es werden in dem Bereich Gustaf-Gründgens-Platz neue Baufelder entstehen. Auch der Innenstadt-Bereich Immermann- und Bismarckstraße mit dem Vorplatz des Hauptbahnhofs und dem Worringer Platz werden neu geplant. Schließlich das "Quartier M" auf dem früheren Post-Areal hinter dem Hauptbahnhof mit der Architektur von Jürgen Mayer H. Wir werden auch den Hafen weiterentwickeln, da geht es bei der Kesselstraße um eine ganze Landzunge zwischen dem Wohnen an der Speditionstraße mit den beiden Wohntürmen "Königskinder" und den Hafenbetrieben.

Bedeutet das nicht noch mehr Kapazitätsengpässe bei der Bauaufsicht? Bereits jetzt ist die Verärgerung groß wegen der Wartezeit bei Bauanträgen...

Elbers Wir haben das Problem erkannt und sind gerade dabei, das Amt entsprechend umzustrukturieren. Man muss aber auch ganz klar sagen, dass viele, die sich über lange Wartezeiten beschweren, selbst unvollständige und nicht genehmigungsfähige Unterlagen einreichen. Ich will die Situation nicht schönreden, aber auch das gehört zur Wahrheit.

Köln bietet bei einfachen Verfahren eine 24-Stunden-Baugenehmigung an, von den Mitarbeitern Ihrer Behörde liegt der Vorschlag auf dem Tisch, eine Vorstufe einzuführen, in der Unterlagen nur auf Vollständigkeit überprüft werden. Denken Sie darüber auch nach?

Elbers Sicherlich. Das darf aber nicht zu Ungenauigkeiten führen. Auch bei einfachen Umbauten wie Dachgeschossen müssen alle Vorgaben erfüllt sein. Aber wie gesagt: Wir haben das Problem erkannt und arbeiten an einer Lösung.

Auch in anderen Bereichen, etwa beim Gesundheitsamt, gibt es Engpässe beim Personal. Funktioniert der Alarm nicht, solche Missstände rechtzeitig zu erkennen?

Elbers Im Gesundheitsamt waren es andere Probleme. Dort wurden viele Aufgaben übernommen, die nicht zu Kernaufgaben des Amtes gehören. Wir brauchen eine klare Aufgabenkritik, um Schwachstellen aufzudecken und sie zu beheben.

Hat die Stadt zu wenige Mitarbeiter?

Elbers Nein. Aber es kommen ständig neue Aufgaben in allen Bereichen dazu. Viele davon werden uns von Bund oder Land aufgedrückt — wie der Ausbau der Offenen Ganztagsschule oder der Betreuung von unter Dreijährigen. Wir suchen zum Beispiel händeringend Erzieherinnen.

Das Land will mit dem Stärkungspakt notleidenden Kommunen in NRW helfen. Glauben Sie, dass die dabei geplante Umlage, die finanzstärkere Städte wie Düsseldorf zahlen sollen, vom Tisch ist?

Elbers Nein. Der Schulterschluss der rot-grünen Minderheitsregierung mit der FDP ist ein fauler Kompromiss. Das Problem der Umlage ist nicht gelöst, sondern nur aufgeschoben. Dass ausgerechnet die Liberalen die Kommunen bestrafen wollen, die sich in der Vergangenheit redlich um die Konsolidierung ihrer Finanzen bemüht haben, ist absurd. Dafür habe ich kein Verständnis.

Mit welchem Beitrag rechnen Sie?

Elbers Das kann man noch nicht genau beziffern. Aber es könnten bis zu 60 Millionen Euro werden, die Düsseldorf dann jährlich zahlen müsste.

Wie ist die aktuelle Situation bei der Stadtsparkasse?

Elbers Gut. Wir haben mit Arndt Hallmann einen neuen Vorstandsvorsitzenden gewinnen können, der nun die Sparkasse in die ruhige Bahn führen wird. Im nächsten Jahr brauchen wir ein neues Vorstandsmitglied, weil Frau Roos die Sparkasse verlässt. Dafür müssen wir in den Gremien zügig einen Personalvorschlag machen.

Wie wird die Stadtsparkasse unter neuer Führung aufgestellt sein?

Elbers Das Haus ist bereits gut aufgestellt, liefert sehr gute Ergebnisse. Die Mitarbeiter sind motiviert. Die Streitigkeiten innerhalb des Vorstandes hatten aber die Atmosphäre sehr belastet. Jetzt gilt es, sich wieder auf das originäre Geschäft zu konzentrieren. Ich bin dabei guter Dinge.

Ärger gibt es auch bei der Stadttochter Industrieterrains Düsseldorf-Reisholz (IDR). Was ist dort los?

Elbers Es gab Kostenüberschreitungen bei größeren Projekten. Das ist nicht selten. Aber der Aufsichtsrat hat gebeten, die Vorgänge genau zu prüfen. Und der Frage nachzugehen, seit wann der Vorstand von diesen Veränderungen Kenntnis hatte.

War der Aufsichtsrat über die Mehrkosten nicht informiert?

Elbers Nicht so umfänglich. Das sind aber ganz normale Vorgänge, die wir jetzt überprüfen lassen.

Arena, Schloss Eller oder Kö-Bogen — für Laien ist oft schwer durchschaubar, welche Rolle die IDR dabei spielt?

Elbers Die IDR hat eine Sonderstellung. Es gibt Projekte, die externe Unternehmen auch realisieren können, die Frage ist nur, ob mit der nötigen Härte. Dr. Pröpper packt die Dinge eben an, ein bisschen wie ein Terrier, um sie gegen Widerstände durchzusetzen. Das ist auch gut so, wie die Beispiele Arena und Tiefgarage Barbarossaplatz zeigen. Man muss aber auch immer sehen, wo die Existenzberechtigung eines solchen Unternehmens ist.

Von außen hat man folgendes Bild: Mit Denis Rauhut kommt bei der IDR der neue Finanz-Vorstand und schon werden Mehrkosten bekannt. Ist er eine Art Wachhund?

Elbers Nein. Es ist aber gut, dass jetzt ein Finanz-Vorstand da ist.

Der Skiweltcup verlässt für mindestens ein Jahr die Stadt. Verliert die Stadt nicht an Bedeutung, wenn die Großereignisse fehlen?

Elbers Nein. Die Bedeutung der Stadt hängt nicht von einem einzelnen Sportereignis ab. Wir müssen unsere Konzepte dennoch immer wieder überprüfen. Die Sportverantwortlichen kümmern sich gerade darum. Vielleicht gibt es demnächst eine neue Idee für eine Großveranstaltung.

Welche Rolle spielt dabei die Sportagentur?

Elbers Ich will das bisherige Konstrukt mit Sportagentur, CCD und DMT umbauen und optimieren. Wir arbeiten daran, die Dinge zu konzentrieren.

Wird der Vertrag der Sportagentur-Chefin Christina Begale verlängert?

Elbers Nein. Der Vertrag war von Anfang an auf 3,5 Jahre angelegt.

Christian Herrendorf und Denisa Richters fassten das Gespräch zusammen.

(RP/jco)
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