Jetzt ist es amtlich Der Winter in Düsseldorf ist 17 Tage kürzer als früher

Düsseldorf · Ob der Klimawandel menschengemacht ist oder nicht – es gibt ihn jedenfalls. Beobachtungen an Pflanzen in Düsseldorf zeigen eindeutig: Der Winter ist kürzer geworden, es gibt mehr warme Tage im Jahr. Gastronomen freut’s, Naturschützer sind etwas besorgt.

 Der Spielplatz im Hofgarten Freitagmittag: Kinder nutzen die spätsommerlichen Termperaturen auf dem Spielplatz. Auch die Außengastronomien waren gut besucht.

Der Spielplatz im Hofgarten Freitagmittag: Kinder nutzen die spätsommerlichen Termperaturen auf dem Spielplatz. Auch die Außengastronomien waren gut besucht.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Es ist Anfang Oktober und Wetter wie einst im Hochsommer. Viele glauben, der Klimawandel macht sich am Rhein breit, doch bisher war das nur ein Bauchgefühl. Jetzt gibt es für Düsseldorf amtliche Statistiken, die genau diese Erwärmung wissenschaftlich belegen. Im phänologischen Garten an der Eulerstraße kann man es beobachten. Akribisch festgehalten werden dort typische Vegetationsstadien wie der Austrieb, die Blüte, die Blattentfaltung, die Blattverfärbung und der Blattfall im Herbst. Die unter Beobachtung stehenden 32 Pflanzen verteilen sich auf der  10.000 Quadratmeter großen Grünfläche. Einige wurden im April 2008 eigens angepflanzt, andere konnten aus dem Bestand ausgewählt werden. „Es handelt sich um weit verbreitete Pflanzen, die teils schon seit mehr als 100 Jahren wissenschaftlich beobachtet werden, zum Beispiel Löwenzahn, Forsythie, Birke, Schwarzer Holunder, Schneeglöckchen und verschiedene Obstbäume“, sagt Umweltamtsleiter Thomas Loosen. „Kolleginnen aus dem Kinderhilfezentrum notieren bei ihren zeitweise täglichen Rundgängen phänologische Phasen wie das Datum der Knospung, der Blüte oder der Fruchtreife. Mit Hilfe der parallel erhobenen Wetterdaten an der Station sind Schlüsse auf längerfristige Klimaveränderungen möglich.“

Und das Ergebnis ist verblüffend. Im Raum Düsseldorf hat sich der Winter deutlich verkürzt: Im Zeitraum  zwischen 1961 und 1990 dauerte der Winter gemessen an der Vegetationspause bestimmter Pflanzen noch 110 Tage, im Zeitraum 1991 bis  2015 dauerte der Winter in Düsseldorf nur noch 93.

Naturschützer bestätigen dieses Phänomen. Und sie betrachten es mit gemischten Gefühlen. „Wir beobachten etwa, dass manche Zugvögel wie Star oder Singdrossel wegen der milden und kurzen Winter gar nicht mehr in ihre Winterquartiere ziehen, sondern direkt im Raum Düsseldorf bleiben“, sagt Josef Tumbrinck, Vorsitzender des Naturschutzbundes NRW. Bezüglich anderer Vögel ist er aber auch besorgt. „Besonders die Langstreckenzieher, wie etwa der Gartenrotschwanz, haben sich den geänderten Klimaverhältnissen am Rhein nicht angepasst. Und wenn die dann aus ihrem Winterquartier kommen, ist der Frühling schon in vollem Gange“, sagt Tumbrinck. Nistplätze und Nahrungsquellen seien dann schon von Tieren besetzt, die einfach den Winter hier verbracht haben.

Ein anderes Phänomen ist ebenfalls auf die Erwärmung zurückzuführen. „Die typischen roten Äpfel unterm Weihnachtsbaum gibt es aus der Region kaum noch. Weil die Blüte der Apfelbäume im Schnitt 14 Tage früher anfängt, sind die Äpfel Weihnachten heute schon überreif“, sagt der Naturschützer.

Auch im Pflanzenhandel bestätigt man die Verkürzung der Winter. „Mediterrane Pflanzen wie Oliven und Palmen werden heute viel häufiger gekauft als noch vor Jahren“, sagt Michael Windhövel vom Gartencenter Böhmann-Ilbertz.

In der Gastronomie freut man sich über steigende Temperaturen. „Das ist für uns Gold wert. Früher waren die Winter viel länger und kälter. Inzwischen herrschen teils auf den Weihnachtsmärkten noch 17 Grad. Natürlich ist das für uns ein Vorteil“, sagt Klaus Unterwainig, Chef der Hausbrauerei Gulasch Alt, seit 40 Jahren in der Düsseldorfer Gastronomie unterwegs. Wenn Ende Februar bei zwölf Grad die Sonne scheine, stelle er schon die Bestuhlung auf die Terrassen – und die sei voll. „Das ist ein richtig gutes Zusatzgeschäft. Egal ob in Kaiserswerth, Lohausen oder Oberkassel – bis zum 10. Dezember sitzen die Düsseldorfer gerne draußen“, sagt Unterwainig. Sie kämen am Wochenende, tränken nach dem Spaziergang noch einen Kaffee und äßen ein Stück Kuchen. Allerdings: „Wir stellen Heizpilze pro Terrasse auf. Das ist zwar sehr teuer, aber ohne geht es in den Abendstunden nicht“, sagt der Gastronom.

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