Luisen-Gymnasium Wie Schüler den Mauerfall sehen

Düsseldorf · Im Luisen-Gymnasium haben sich alle Jahrgangsstufen mit der Wiedervereinigung und der deutschen Geschichte beschäftigt. Herausgekommen sind beeindruckende Versuche über die Bedeutung des 9. November, über das Leben in der NS-Zeit und in der DDR.

Die Mauer steht wieder. Zumindest im breiten Flur des Luisen-Gymnasiums ist sie quasi auferstanden aus Ruinen — und wird sogar von vier Grenzpolizisten bewacht. Die Polizisten sind die Schüler Axel, Slim, Timo und Stefan, die ausrangierte Uniformen tragen und "aufpassen", dass niemand die Mauer überwindet. Die Mauer selbst besteht aus Styropor und ist von der Klasse 6a gemeinsam mit dem Karnevals-Künstler Jacques Tilly erstellt und bemalt worden.

"Tolles Kunstprojekt"

Sprüche wie "Freiheit für die DDR" und "Mauer — pfui", "BRD = Freiheit" haben die Schüler darauf geschrieben, und am Ende stehen zwei typische Tilly-Figuren und geben sich unter dem Banner mit dem Slogan "Wir sind ein Volk" die Hände. "Ein tolles Kunst- und Schulprojekt", urteilt Tilly, der vom Förderverein der Schule dazu gewonnen werden konnte, sich an der Projektwoche zu beteiligen, Titel: "Deutsche Geschichte — Erinnern für die Zukunft." Beteiligt haben sich alle Jahrgänge von der 5 bis zu 13 — und sie haben beeindruckende Einblicke in die deutsch-deutsche Geschichte zusammengetragen.

Der 9. November etwa. Er ist der Schicksalstag der Deutschen — nicht erst, seit die Mauer 1989 fiel. Am 9. November 1938 war Pogromnacht — schrecklicher Vorbote des Holocausts an den europäischen Juden. Oder der 9. November 1918: Auf ihn fällt die Ausrufung der Republik, und die Schüler haben sich mit den Ereignissen befasst, die Düsseldorf damals in Atem hielten.

Besonders schockiert waren sie allerdings nach einem Besuch des Stasi-Gefängnisses Hohenschönhausen: "Wir haben uns Stehzellen und die Tropfenfolter dort angesehen", erzählt Schüler Malte. "Schrecklich, dass es so etwas gab, und es noch gar nicht so lange her ist." Dennoch: Aus naheliegenden Gründen hat keiner der Schüler das Bestehen der DDR und den Mauerfall selbst erlebt, und so war es an den Lehrern, die Geschichte lebendig zu machen. "Alle Schüler waren unglaublich fasziniert und engagiert", erzählt Lehrerin Katharina Krikowski-Martin. "Mehr als 30 Projektgruppen haben sich mit dem deutschen Leben in Ost und West, früher und heute beschäftigt." Und einen Ausblick gewagt: Der "Future-Shop" bietet Schmetterlinge in Schokolade an — Lebensmittel der Zukunft, vielleicht.

Auch mit der Frage, was nun mit der Mauer zu tun sei, die den Schulflur teilt, hat sich das Luisen-Gymnasium bereits beschäftigt. Der Förderverein will das Kunstwerk zu Gunsten der Schule versteigern — mit Zustimmung des Künstlers Tilly. "Die Aktion hat schon einen Namen", sagt Stella Morfis vom Förderverein: "Die Mauer muss weg."

(RP)
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