Seminar des Flughafens Düsseldorf Wie man die Angst vor dem Fliegen besiegt

Düsseldorf · 500 Millionen Menschen weltweit haben Flugangst. RP-Mitarbeiterin Christine Wolff hat an einem Seminar dagegen teilgenommen. Ihr Erfahrungsbericht:

 Für viele kein Vergnügen: Die Reise mit dem Flugzeug.

Für viele kein Vergnügen: Die Reise mit dem Flugzeug.

Foto: Andreas Wiese/Flughafen International Düsseldorf

Die Wohnung ist aufgeräumt, Freunde und Verwandte wissen wann und wohin ich fliege, das Reiseoutfit ist wohl überlegt. Schließlich soll sich niemand schämen müssen, falls er nach einem möglichen Absturz meine Wohnung aufsucht. Echte Angst vor dem Fliegen habe ich nicht — Spaß macht es aber auch nicht. Beim Gang ins Flugzeug schaue ich mich um. Ein Blick geht ins Cockpit, einer zu den Stewards — doch noch genauer schaue ich mir die Mitreisenden an. Schließlich könnte es sein, dass ich mein letztes Gespräch mit einem dieser Passagiere führen werde oder wir Jahre gemeinsam auf einer einsamen Insel verbringen — man kennt das aus Filmen.

Ernsthaft: Ein bisschen Angst fliegt immer mit. Das soll sich ändern, da ich alle paar Wochen im Flieger sitze. Was also tun? Tabletten? Alkohol? Fähre? Freunde erzählten vom Seminar "Entspanntes Fliegen", das die Agentur Texter-Millot in Düsseldorfer anbietet. Also nehme ich teil. Peinlich ist mir die Unsicherheit nicht, jeder Dritte leidet einer Umfrage zufolge jeder an "Aviophobie" — der Angst vor dem Fliegen.

So auch Hannah (29). Sie ist zum letzten Mal vor sieben Jahren geflogen und gehört zu den stillen, aber innerlich nervösesten Seminarbesuchern. In einer Vorstellungsrunde erklärt sie, dass sie fast alles mit dem Auto erledigt. Ihr Chef will das nicht mehr mitmachen, da sie übermüdet bei den Kunden auftrete.

Sven (44) und Sarah (40) haben sich eine Ferienwohnung auf Mallorca gekauft. Sie leidet unter der Anreise, und ihr Mann leidet mit. "Egal was ich mache, es ist immer falsch", sagt er. "Schön wäre es, wenn der Urlaub mal entspannt beginnen könnte."

Elena (38) will ihre Familie besuchen können. "Ich setze mich lieber 16 Stunden ins Auto, als zwei Stunden zu fliegen. So geht das nicht weiter", sagt die Mutter zweier Kinder offen und ohne Scham.

13 Erwachsene sitzen im Halbkreis. Die Stimmung ist angespannt aber freundlich. "Mein Vorgehen im Seminar ist konzentriert auf Veränderung, nicht auf Ursachenforschung", sagt Rudolf Krefting, der seit 1979 für die Lufthansa die Seminare für entspanntes Fliegen leitet. Er ist für zwei Tage die Bezugsperson. Sein Ziel: Strategien zur Angstbewältigung vermitteln. "Wir können lernen, das Angstgeschehen zu beeinflussen. Flugangst ist erlernt, folglich kann sie auch wieder verlernt werden", sagt Krefting. Unterstützt wird der Psychologe von zwei Piloten. Thomas Bomm, Kapitän einer Boeing 737 und Volker Gold. Die beiden erklären an Bord eines Jets alle Funktionen, Geräusche. Lassen die Teilnehmer Landeklappen ausfahren, Durchsagen machen, Knöpfe drücken. Viele Teilnehmer fassen Vertrauen und speichern ihre Wissen ab. "Auch wenn alle Triebwerke ausfallen, kann ein Flugzeug noch 200 Kilometer weit segeln", erklärt Bomm, Vater von sechs Kindern. "Höhe bedeutet Sicherheit."

Mit all dem Wissen und den neu erlernten Techniken geht's am Sonntag in den Flieger, Ziel: München. Eine Teilnehmerin ist nicht erschienen. Alle anderen sind angespannt optimistisch. Die Crew ist freundlich. Die Piloten lassen uns nach der Landung in München ins Cockpit. Erklären die Technik und genießen die Aufmerksamkeit. Der Flug geht schnell vorbei: Beim Start macht Elena ihre Übungen — wippt im Sitz hin und her. Ihr Sitznachbar schaut skeptisch. Sie stört es nicht. Nach der Landung ist sie erleichtert. Zurück fliegen wir eine knappe Stunde später — alle sind in der Maschine. Geschafft. Wir sind stolz, denn wir gehören nicht zu den rund 20 Prozent, bei denen das Seminar keine Wirkung zeigt. Ganz wie die Vielflieger nehmen wir nach der Ankunft in Düsseldorf in der Lounge Platz. Erste Reisepläne werden geschmiedet. Wir fühlen uns richtig am Platz.


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