Serie Unser Rhein Wie ein Wirt den Kirchenschatz rettete

Düsseldorf · St. Nikolaus in Himmelgeist hat Kriegsbomben und Hochwasser überstanden - die kleine Basilika ist eine der ältesten Kirchen Düsseldorfs.

 Sarah Nobis und Carsten Striebach haben für eine stilvolle Hochzeitsfeier die schöne Kirche St. Nikolaus gewählt.

Sarah Nobis und Carsten Striebach haben für eine stilvolle Hochzeitsfeier die schöne Kirche St. Nikolaus gewählt.

Foto: Schaller,Bernd (bs)

Eine schwarze Katze huscht über den Hof, springt mit einem Satz über die Brombeerhecke und ist verschwunden. In einem Schaukasten neben der Kirche lädt der Häkeltreff "Zur Goldenen Luftmasche" zum geselligen Nachmittag. Und ein einsamer Wanderer studiert die Inschriften auf sieben Steintafeln: Namen einstiger Pfarrer, die an diesem Ort gewirkt haben - eine lange lückenlose Kette bis ins Jahr 1301. Da blickt der Wanderer verwundert auf: "So alt ist diese Kirche?" Älter noch. Die Fundamente von St. Nikolaus wurden im 11. Jahrhundert gelegt, somit gehört diese kleine Basilika zu den ältesten Kirchen in Düsseldorf. Und beweist, dass perfekte Proportionen nicht eine Frage von Größe sind.

 Steintafeln zeigen die Namen der Pfarrer von St. Nikolaus.

Steintafeln zeigen die Namen der Pfarrer von St. Nikolaus.

Foto: bernd Schaller

St. Nikolaus hat beides: Vergangenheit und lebendige Gegenwart. "Die Kirche und das angrenzende Pfarrhaus sind Zentrum des Dorf-Lebens", sagt Kirchenvorstand Klaus Gellert. So läuten an fast jedem Samstag im Sommer die Glocken für junge Brautpaare, die die Intimität der kleinen Basilika schätzen und vor der Sandstein-Fassade für Hochzeitsfotos posieren. Auch der Pfarrgarten nebenan ist regelmäßiger Treffpunkt, und ein Mal im Jahr verwandelt er sich in ein Freiluftkino.

 Das Seitenschiff beeindruckt durch das Gewölbe.

Das Seitenschiff beeindruckt durch das Gewölbe.

Foto: Schaller,Bernd (bs)

"Frühmittelalterliche Urkunden erwähnen Himmelgeist im Jahre 904 zum ersten Mal", berichtet Klaus Gellert. Damals lebten vor allem die Familien der Schiffer in dem Dorf mit Rheinnähe. Die heutige Basilika wurde im 11. Jahrhundert als dreischiffiges Gebäude angelegt, etwa 100 Jahre später kam das quadratische Chorhaus mit der Hauptapsis, also der Rundung hinter dem Altar, hinzu. Wenn an Sonntagnachmittagen die Kirche für Besucher geöffnet wird, können sie das romanische Kreuzgewölbe dieses Chorhauses bestaunen, das wie ein Baldachin über dem Altar schwebt.

Aber wie alle Kirchen hat auch St. Nikolaus eine lange Baugeschichte hinter sich und wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert. So bekam die Basilika im 13. Jahrhundert einen Turm, der im Zweiten Weltkrieg von Bomben zerfetzt und später wieder aufgebaut wurde. Aus gotischer Zeit stammt das Taufbecken, aus dem Barock die Madonna "im Sternennimbus auf der Weltkugel." Vergleichsweise modern sind das Portal und der Altar aus Aachener Blaustein, beide vom Kölner Bildhauer Olaf Höhnen in den 1960-er Jahren geschaffen.

In einem Seitenschiff wacht ein sitzender St. Nikolaus, der Schutzpatron der Schiffer, über seine Gemeinde. Es ist noch nicht allzu lange her, dass der Heilige beinahe nasse Füße in seiner Kirche bekommen hätte. Denn 1995 überschwemmte ein heftiges Rheinhochwasser das Dorf. "Ausgerechnet Heiligabend", erinnert sich Klaus Gellert, die Dorfgemeinschaft aber habe damals zusammen gestanden und sofort die komplette Kirche ausgeräumt. "Und den Gottesdienst am nächsten Morgen im Pfarrhaus gefeiert."

In diesem Pfarrhaus, nur durch einen alten Bauerngarten vom Kirchhof getrennt, lebt heute Martin Kürble mit seiner Familie. Der Diplom-Theologe ist Pastoralreferent, ein verheirateter Seelsorger, der für Kindergottesdienste und Beerdigungen zuständig ist, der sich als Ratgeber und Gesprächspartner versteht, Willkommensfeste für Neu-Himmelgeister oder Konzerte in der Kirche organisiert. Er erzählt die Geschichte von einem ganz besonderen Kirchenschatz. "Zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert haben einige der edlen Damen aus der Umgebung ihre abgelegten Roben der Gemeinde gestiftet. Aus den kostbaren Stoffen wurden Messgewänder für die Pfarrer genäht, die noch heute manchmal getragen werden."

Auch der übrige Besitz von St. Nikolaus wurde von Kunsthistorikerinnen lückenlos dokumentiert. Dass dazu immer noch der Kreuzweg von 1878 zählt, ist einem wachsamen Wirt aus dem nahen Benrath zu verdanken: In der Nacht zum vierten Adventssonntag 1971 wurde das Portal der Basilika aufgebrochen und 14 Bilder des Kreuzwegs - gemalt auf Kupferblech mit vergoldetem Hintergrund - gestohlen. Die Gemeinde reagierte bestürzt, doch sie sollte ihren Kreuzweg bald wieder haben. Denn der mutmaßliche Dieb bot die 14 Bilder ausgerechnet einem Wirt an, bei dem er 700 Mark Zechschulden hatte. Der zeigte die Bilder einem kundigen Gast, der sie aus Zeitungsberichten erkannte. Der Wirt alarmierte die Polizei, der Täter wurde gefasst und verurteilt. Und der Kreuzweg kehrte zurück, er hatte seinen Ausflug ins Düsseldorfer Kneipenmilieu nahezu unbeschädigt überstanden.

(RP)
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